25 09, 2012

Ein offener Brief an Rapper Ensy

2013-10-17T22:27:58+02:0025. September 2012|

Lieber Ensy

Eigentlich ist es besser Beleidigungen, wie du sie geäussert hast, zu ignorieren. Da du aber nur aussprichst, was einige in diesem Land denken und ich noch Hoffnung hege, dass Ignoranz überwindbar ist, schreibe ich trotzdem ein paar Zeilen an dich.

Erst einmal frage ich dich, warum du es nötig hast, so krass über Leute wie mich herzuziehen. Was hast du davon, wenn du uns so beleidigst? Fühlst du dich dann besser? Krasser? Fördert das dein Image als Gangsterrapper? Mutig sind deine Aussagen auf jeden Fall nicht. Im Gegenteil, mutig wäre es, als Rapper hinzustehen und für Akzeptanz von Homosexuellen zu werben.

Anyway, zurück zu meiner Frage: Niemand erwartet von dir, dass du Homosexualität verstehst (jedem seinen Horizont). Warum aber die Beleidigungen? Warum nicht einfach leben und leben lassen? Was stört es dich, wenn sich Männer „kräftig in den Hintern geben“ und warum soll das eine Straftat sein? Mal ganz abgesehen davon, dass mich deine Faszination zu diesem Thema erstaunt (immerhin bietest du Dildos für Schwule als Geschenk an und beschreibst, was Männer damit machen können, was mich auch an Studien erinnern, die besagen, dass viele Schwulenhasser selber nicht ganz so „100% hetero“ sind, wie du von dir auf deiner Seite schreibst), ist es doch gut für dich, wenn es homosexuelle Männer gibt. Dann gibt’s mehr von dem was du „lange Haare, Brüste, runder Po und Muschis“ nennst, für dich!

Aber wenn du schon die Religion als Grund für deine Ablehnung ins Spiel führst, lass mich dir ein wenig Nachhilfe dazu geben. Im Koran steht nichts, aber auch rein überhaupt gar nichts ausdrücklich über Homosexualität. Nichts! Niente! Nada! Natürlich gibt es Passagen, die so gedeutet werden könnten, wenn man denn will, aber eine ausdrückliches Verbot steht nicht.Hier, hier und hier hast du sonst ein paar Interpretationen dazu. Was allerdings steht, sind Dinge wie „sag den gläubigen Männern, sie sollen (statt jemandes anzustarren, lieber) ihre Augen niederschlagen, und ihre Keuschheit bewahren“ (Sure 24 Vers 30). Das heisst, dass was du über die Brüste und die „Muschis“ schreibst oder das Angebot, dass du Alicia Parel gemacht hast, etwas eindeutiger verurteilt werden, als Homosexualität. Du siehst, egal wie man religiöse Bücher interpretieren will, sie sind nicht sehr geeignet, um heutzutage wortwörtlich danach zu leben.

Aussagen, wie du sie gemacht hast (und ganz viel andere Menschen machen) sind der Grund dafür, dass die Selbstmordrate unter homosexuellen Jugendlichen ein Vielfaches höher ist als bei heterosexuellen Jugendlichen. Sie sind der Grund, dass ganz viele Homosexuelle Angst haben, sich zu outen, depressiv werden oder auf der Strasse und in der Schule gemobbt oder angegriffen werden. Das kannst du doch nicht gut finden?! Und wenn dir das egal ist, stell dir doch einfach mal vor, wie du es finden würdest, wenn Leute aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer Nationalität gemobbt und angegriffen würden? Denn genauso wie diese Leute mit ihrer Herkunft oder Hautfarbe geboren werden, wurde ich als homosexueller Mann geboren (was man übrigens nicht über Religionen sagen kann, die werden einen anerzogen, womit es beim Wettbewerb was natürlicher ist, Homosexualität oder Religionen, 1:0 für Homosexualität steht, aber das spielt hier auch keine Rolle). Dass Homosexualität natürlich ist, sollte im Jahre 2012 also allen klar sein, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Homosexualität bei 1’500 Spezies festgestellt wurde. Und wenn du diese Tatsache noch immer nicht akzeptieren willst und Homosexualität für unnatürlich hälst, nochmals die Frage: was stört es dich und was geht es dich an, in wen ich mich verliebe und mit wem ich ins Bett steige?

Siehst du, du beklagst dich darüber, dass der Islam kritisiert wird und Hass-Filme darüber gedreht werden. Aber merkst du nicht, dass Aussagen wie deine, gerade dazu führen, dass es hier noch mehr Menschen gibt, die etwas gegen den Islam haben? Du schadest mit solchen Aussagen also nicht nur dir selber, sondern deiner Religion, die dadurch noch mehr kritisiert wird. Weisst du, wer sich am meisten ab deinen Aussagen freut? Leute, die Ausländer und den Islam hassen! Und weisst du, wer verliert? Leute wie ich, die sich gegen Rassismus einsetzen. Ich finde es nämlich auch idiotisch, wenn irgendwelche Hasser den Islam mit dummen Filmen beleidigen. Niemand hat was davon, denn eine Diskussion wird dabei gar nicht gesucht, man will nur beleidigen und provozieren. Meinungsfreiheit ist wichtig, Beleidigungen sind aber ein Missbrauch der Meinungsfreiheit, denn sie haben nicht zum Ziel, eine Meinung zu äussern, sondern andere zu verletzen. Warum also tust du genau das, was du anderen vorwirfst? Wäre es nicht besser, wenn wir gemeinsam gegen Hass, Beleidigungen und Diskriminierungen vorgehen würden, statt uns gegenseitig zu bekriegen?!

Darum komm, ich mache dir einen Vorschlag: Einigen wir uns doch darauf, dass Beleidigungen und Diskriminierungen schlecht sind. Egal ob sie sich gegen Ausländer, Moslems, Dunkelhäutige, Menschen mit Behinderungen oder Homosexuelle richten. Was meinst du? Schliesslich ist das letztendlich auch der Sinn der von dir zitierten Religionen: Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gemeinschaft, statt Hass. Hass erzeugt Gegenhass. Das nennt man einen Teufelskreis. Und den Teufel finden wir schliesslich alle (ob religiös oder nicht religiös) Scheisse.

Beste Grüsse

Alan

PS: Falls dich das Thema Adoptionsrechte für homosexuelle Paare interessiert, empfehle ich dir entweder diese Diskussion auf Joiz oder meine offenen Briefe an die beiden Nationalräte Christian Wasserfallen und hier.

22 07, 2012

Zusammenstehen statt Hetzen

2013-10-10T15:40:04+02:0022. Juli 2012|

Es war eine kurze Meldung. Eine kurze, erschütternde Meldung, die ich an einem Sonntagnachmittag im Internet gelesen habe. „Toter nach Streit im Kaufleuten.“

Der 23 jährige Vigan geht mit seiner Freundin und seinem Bruder ins Kaufleuten feiern – und wird erstochen. Was für ein tragisches Ende einer Partynacht, was für eine grausame Nachricht für die Hinterbliebenen!

Unfassbare Tat – Unfassbare Propaganda

Ein paar Stunden später an diesem Sonntagnachmittag. Eine Diskussion auf TeleZüri. Natalie Rickli, SVP-Nationalrätin spricht von diesem tragischen Vorfall.  Gut, denke ich erst. Gut, dass dieser dramatische Vorfall angesprochen wird. Was ich aber höre, lässt mich erschaudern. Betroffen gemacht habe Natalie Rickli die Tötung eines 23 jährigen Schweizers beim Kaufleuten. Es sei schon schlimm genug in unserem Land, jeden Tag geschehen Schlägereien, Messerstechereien, Körperverletzungen und auch solche Tötungen im Ausgang.  Und dann: „Ich mutmasse, dass der Täter ein Ausländer ist oder ein Schweizer mit Migrationshintergrund, die offiziellen Stellen wollten das ja nicht bestätigen, aber Augenzeugen sagen das. Aber ich glaube das schon, denn ganz ehrlich, es sind in der Regel keine Schweizer, die mit dem Messer rumlaufen und jemanden erstechen, im Ausgang. Ich sage das auch darum, weil es mich stört, dass die Behörden das nicht veröffentlichen. Die SVP hat letzte Woche in einem Vorstoss im Kantonsrat eingereicht, der fordert, dass man darauf hinweisen muss, wenn das ein Schweizer mit Migrationshintergrund ist, denn es sind in der Regel Ausländer oder Schweizer aus fremden Kulturkreisen, die eingebürgert worden sind und so sehen wir, dass wir in diesem Bereich Handlungsbedarf haben.“

Es ist unfassbar. Wenige Stunden nach einem solch tragischen Vorfall, schafft es die SVP diese Tragödie auszuschlachten. Diesen sinnlosen Tod für politische Propaganda zu missbrauchen und gleich sämtliche Ausländer, fremde Kulturen und Schweizer „mit Migrationshintergrund“ für solche Taten verantwortlich zu machen! Dass das Opfer Schweizer „mit Migrationshintergrund“ war, interessiert Natalie Rickli nicht. Es geht um den Täter. Es geht darum Stimmung zu machen. Es geht darum zu zeigen, dass die SVP Recht hatte, dass die Ausländer schlecht, gefährlich und für alles Negative in unserem Land verantwortlich sind. Was für eine Frechheit und ungeheuerliche Respektlosigkeit gegenüber dem Opfer, seiner Familie, die ebenfalls aus „einem fremden Kulturkreis“ stammt und allen Ausländerinnen, Ausländern und Schweizerinnen und Schweizer mit Migrationshintergrund.

Wenn es der SVP wirklich nur um Sammeln von Fakten geht, wie sie immer wieder behauptet hat, warum wollen sie dann nicht auch, dass bei den Opfern von Gewalt veröffentlicht wird, ob diese einen „Migrationshintergrund“ hätten. Wenn man alle Fakten will, gehören diese Fakten dazu. Hat die SVP Angst davor, dass dabei rauskommen könnte, dass es bei Gewalttaten oft auch Opfer gibt, die ausländischer Herkunft sind? Natürlich wären solche Fakten nicht sehr günstig, denn das würde es ja schwieriger machen, Ausländer als böse abzustempeln.

Sind wir schon so weit gekommen, dass bei einer solchen Tat die Herkunft des Täters im Zentrum steht? Wie wäre es, sein Beileid den Hinterbliebenen auszusprechen? Wie wäre es, wenn man über das Opfer redet, nämlich darüber, wie wichtig dieser Mensch für viele war und was für eine schmerzhafte Lücke er bei seinen Angehörigen hinterlässt? Wie wäre es, wenn man den Eltern dieses Jungen sein Mitgefühl ausdrückt, statt über ihren „Kulturkreis“ (von dem man sowieso gar keine Ahnung hat) zu hetzen. Gerade in diesem Fall zeigt sich besonders tragisch, wie sehr man Täter und Opfer in den selben Topf schmeisst – und wie dumm das ist. Das ist nicht nur geschmacklos und dumm, sondern eine Respektlosigkeit dem Opfer und seinen Hinterbliebenen gegenüber.

Unrecht mit Gewalt vergelten?

Kurze Zeit später starten die Angehörigen des Opfers einen Aufruf zu einer Demonstration. Eine Demonstration gegen Gewalt, für Frieden und zum Gedenken des Opfers. Innert kürzester Zeit melden sich über 1’000 Leute via Facebook an, die an der Demonstration teilnehmen wollen. Eine exzellente, berührende, schöne und sinnvolle Idee!

Ein paar Tage später ruft mich der Reporter eines TV Senders an und fragt mich nach meiner Meinung zu den Aussagen der SVP, dass diese Tat typisch für Menschen mit ausländischen Wurzeln und dass die geplante Demonstration für mehr Frieden im Ausgang ja eigentlich heisse Luft sei. Wut kommt hoch. Statt irgendeinen verdammten Beitrag zu leisten, schlachtet die SVP diesen tragischen Vorfall weiter aus. „Es liegt in der Regel eben nicht nur am Alkohol, sondern auch an den Wurzeln dieser Menschen, die das Gefühl hätten, man müsse Unrecht mit Gewalt vergelten“, sagt ein SVP Gemeinderat Roger Liebi am vergangenen Donnerstag im TV und steht der Demonstration darum kritisch gegenüber. Mal ganz abgesehen davon, dass dieser SVP Vertreter damit impliziert, das Opfer hätte dem Täter „Unrecht getan“ (welcher dieser mit Gewalt vergelten musste) frage ich  mich, ob er nur schon die ersten zwei Worte des Titels der Demonstration, über die er gerade redet, gesehen hat. Gegen Gewalt, steht da! Ins Leben gerufen von Menschen, die offensichtlich einem Migrationshintergrund haben, denn sie heissen nicht Fritz Meier oder Daniel Müller. Welchen Teil von „Gegen Gewalt“ versteht Roger Liebi also nicht?!

Eindrückliche Demonstration

Gestern fand die Demonstration schliesslich statt. Als jemand, der schon an mehreren Demonstrationen  teilgenommen hat, muss ich sagen, dass dies wohl die eindrücklichste Demonstration gewesen ist, an der ich je teilgenommen habe. Kurz vor Start der Demonstration war der Helvetiaplatz voller junger Menschen. Ein junger Mann las ein Gedicht zu Ehren von Vigan vor, bevor die Demonstration durch die Innenstadt los ging. Es war eine erdrückende Stille, die von diesen mehreren Hundert Menschen ausging (die Medien berichten von 400-800, gewirkt hat es wie weit mehr). Mehrheitlich junge Menschen, aus den verschiedensten Kulturen marschierten schweigend die Route entlang. Einige hielten Fotos des Opfers in der Hand, andere waren in Armeeuniform gekleidet. Der Demonstrationsumzug hielt vor dem Tatort, wo Angehörige weinend Blumen niederlegten. Es ist kaum zu beschreiben, wie unfassbar traurig die Stimmung war. Die Demonstration ging weiter und endete am Werdmühleplatz, wo die Organisatoren und Angehörigen für Frieden und gegen Gewalt aufriefen. „Wenn wir mit dieser Demonstration auch nur ein Leben retten konnten, hat es sich gelohnt“, meinte einer der Organisatoren.

Wo waren all die „betroffenen“ Natalie Ricklis und sonstige SVP Politiker? Warum nahmen sie nicht auch teil, um für mehr Frieden zu demonstrieren? Wieso kamen sie nicht, um zu sehen, wie all die Menschen mit diesen „gewalttätigen Wurzeln, die Unrecht mit Gewalt vergelten wollen“ für Frieden und gegen Gewalt demonstrierten? Wieso haben sie sich die Botschaft der Demonstranten, dass Gewalt niemals eine Antwort sein kann, nicht angehört? Das alles interessiert offenbar nicht, denn das passt schlecht in die politische Propaganda.

Gelungen, das Opfer ins Zentrum zu stellen

Die Organisatorinnen und Organisatoren, die wohl zum ersten Mal eine Demonstration organisiert haben, haben exzellente Arbeit geleistet. Sie sorgten dafür, dass der Marsch alle Auflagen der Polizei erfüllte. Manche Organisatoren von politischen Demonstrationen könnten sich ein Beispiel an diesen Organisatorinnen und Organisatoren und den Helferinnen und Helfern nehmen. Es war eine Demonstration organisiert von Menschen „mit Migrationshintergrund“ und durchgeführt von Menschen „mit Migrationshintergrund“ für den Frieden und gegen Gewalt. Und das wichtigste: Sie haben es geschafft, das Opfer ins Zentrum zu stellen Sie haben es geschafft, dem Opfer ein Gesicht zu geben. Die Medien berichteten gestern und heute darüber, was das Opfer für ein wichtiger Mensch für seine Angehörigen war. Das Gesicht des Opfers steht im Zentrum, nicht jenes des Täters. Das ist eine enorme Leistung und den Organisatorinnen und Organisatoren gehört allergrössten Respekt dafür gezollt!

Zusammen stehen statt hetzen 

Diese Menschen haben eindrücklich bewiesen, was wir Politikerinnen und Politiker lernen müssen: Bei solch tragischen Ereignissen zusammen stehen, statt zu hetzen. Den Opfern gedenken, statt für politische Zwecke zu missbrauchen. Für Frieden einstehen, statt Schuld zuweisen. Die Ideologie ablegen und gemeinsam nach Lösungen suchen, damit solche Dinge nicht mehr passieren. Das geschieht nicht, indem man hetzt. Das geschieht nicht, indem man Schuldzuweisungen vornimmt. Das geschieht, indem man zusammensteht. Als Menschen. Nicht als Jung oder Alt. Nicht als Ausländer oder Schweizer. Sondern als Menschen. Menschen, deren Wurzeln egal sind. Menschen, die in ihrem Wunsch nach Frieden vereint sind. Menschen, die Gewalt ablehnen.

Die Politik muss diesen Organisatorinnen und Organisatoren, den Helferinnen und Helfern und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Demonstration einen grossen Dank für dieses starke Zeichen, das sie gesetzt haben, aussprechen. Wir müssen die Botschaft ernst nehmen und zusammen nach Lösungen suchen, um solche Tragödien zu verhindern. Hetzen und das Klima vergiften trägt da nichts dazu bei, im Gegenteil, es schürt den Hass und Hass ist der Ursprung von Gewalt. Setzen wir uns für Lösungen ein, denken wir über Partei- und Ideologiegrenzen hinaus und leisten wir unseren Beitrag für eine friedliche Gesellschaft. Das sind wir nicht nur der Gesellschaft, sondern vor allem den Opfern solch tragischer Gewalttaten schuldig!

 

19 08, 2011

Ein offener Brief eines Sozis an Herrn F. Stöhlker

2019-02-18T10:04:45+01:0019. August 2011|

Sehr geehrter Herr Fidel Stöhlker

Ich schreibe Ihnen, als direkt Angesprochener Ihres Blogbeitrags. In Ihrem Blog schreiben Sie folgendes:

Und schon wieder die Kosovaren. Sie pöbeln, prügeln, schlitzen, stechen und töten Menschen. So auch in Interlaken am vergangenen Montag, wo zwei Kosovaren dem Schwinger und SVP-Politiker Kari Z. die Kehle aufgeschlitzt haben. Die perfekte Tat für einen feurigen SVP-Wahlkampf. Es gibt darüber eigentlich nicht viel zu sagen ausser, dass wir über viele Jahre inzwischen gelernt haben, dass die Kosovaren ein niederes Volks sind und der Schweiz überhaupt gar nichts bringen, als Unruhe und Kosten für den Staat. Der grösste Fehler der Schweiz war, dass wir diese Individuen in unser Land gelassen haben. Und diese Probleme mit den Kosovaren kenne ich seit meiner Kindheit.

Ich frage mich, was eigentlich die Sozis zu diesen Taten sagen. Die Sozis unterstützen dieses Pack und kosten uns dadurch sehr viel Geld. Entweder werden sie inhaftiert, was natürlich wir Bürger bezahlen oder man lässt sie frei, wo sie dann gleich weiter machen. Die SVP wird immer mehr eine gut wählbare Partei und wenn hier jemand den Vorschlag bringen würde jeden Kosovaren sofort auszuschaffen, stimme ich sofort zu. Wir brauchen dieses eigenartige Volk nicht. Mir fällt kein einziger Grund ein, warum diese Leute in unseren Land leben sollen.

Da ich nicht davon ausgehe, dass dieser Blog eine späte Abrechnung mit Ihrem Vater dafür ist, dass er Sie und Ihren Bruder Raoul nach den Castro Brüdern Kubas benannt hat, beantworte ich Ihnen Ihre Fragen gerne und erlaube mir, ein paar Worte zu erwidern.

Zur Frage, was ich als Sozi zu diesen Taten sage, so kann ich Ihnen versichern, dass ich diese Taten ebenso abscheulich finde wie Sie und ebenfalls der Meinung bin, dass Ausländerinnen und Ausländer, die schwer kriminell sind und somit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, ins Gefängnis gehören und ihr Gastrecht verwirkt haben, so wie dies das heutige Gesetz schon vorsieht und wie es nach den Vorschlägen der Arbeitsgruppe des Bundes zur Umsetzung der Ausschaffungsinititive ebenfalls vorgesehen hätte.

Dass Sie die Kosovaren (als ob es „den Kosovaren“ geben würde) als nieder bezeichnen und der Meinung sind, man sollte jeden Kosovaren ausschaffen, ist einem gebildeten PR-Berater wie Ihnen, eigentlich unwürdig.

Desweiteren fragen Sie sich, was „diese Individuen“ uns bringen sollen und dass „unser Land dieses eigenartige Volk nicht braucht“. Mal ganz abgesehen davon, dass uns diese pauschlisierende Abwertung eines Volkes an düstere Zeiten erinnern (falls Sie nicht wissen, wovon ich spreche, können Sie ja Ihren Vater fragen, der 1941 in Deutschland geboren ist), beantworte ich Ihnen auch diese Frage sehr gerne.

Dazu muss man aber ein paar Jahre zurück blicken. Da Sie offenbar mit Geschichte nicht viel anfangen können, helfe ich Ihnen gern auf die Sprünge. Die Kosovaren wurden in den 60er und 70er Jahren vor allem vom Schweizerischen Bauernverband in die Schweiz geholt. Aber auch in anderen Branchen, wie beispielsweise der Bau- oder Industriebranche, war man sehr froh um die Gastarbeiter. So kam es, dass die Schweiz bald Tausende von Gastarbeiter aus dem damaligen Jugoslawien in die Schweiz holte. Man hatte aber kein Interesse daran, sie zu integrieren, da sie ja ohnehin nur billige Arbeitskräfte waren und nach getaner Arbeit wieder verschwinden sollten (auch die Gastarbeiter wollten bald wieder in ihre Heimatländer zurück). Dann aber kamen die schweren politischen Unruhen im ehemaligen Jugoslawien auf, die, wie Sie hoffentlich wissen, in einem Krieg gipfelten. Aus diesem Grund holten viele Gastarbeiter ihre Familien in die Schweiz, um sie vor dem Krieg zu schützen. Deswegen haben wir heute so viele Kosovaren in unserem Land, lieber Herr Stöhlker. Gebracht haben Sie uns wirtschaftlichen Aufschwung und dringend benötigte Arbeitskraft. Gekommen sind ihre Familien aufgrund grausamer kriegerischer Ereignisse. Geblieben sind Sie, aufgrund der durch die Kriege zerstörte Wirtschaft ihrer Heimat. Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie ruhig einen Stammwähler der SVP, einen Bauern. Ansonsten empfehle ich Ihnen, einmal eine Baustelle aufzusuchen und zu sehen, wer dort harte körperliche Arbeit verrichtet, wissen Sie, jene Arbeit, aus der Häuser entstehen, in welchen Sie dann aus dem klimatisierten Büro Ihres Vaters bloggen können, oder Strassen saniert werden, damit Sie mit teuren Autos auf sicheren Strassen ohne Schlaglöchern fahren können.

Überhaupt ist es sehr anmassend, sich zu fragen, was eine Bevölkerungsgruppe „uns bringt“. Auch diese Unterscheidung, von wertvollen und wertlosen Rassen erinnern uns an dunkle Kapitel, die wir lieber nie wieder aufschlagen wollen.

Gerne erinnere ich Sie auch daran, dass heute ca. 200’000 Menschen mit albanischer Abstammung in der Schweiz leben. Wenn alle davon arbeitslos, kriminell und gefährlich werden, hätten wir wohl schon längst Bürgerkriege in unserem Land, meinen Sie nicht auch?

Natürlich gibt es negative Vorfälle, die gross in den Medien erscheinen. M. eine Kosovarin, die mit mir in die Schule gegangen ist und mit der ich sehr viel Spass hatte (nein, wir verprügelten keine Leute), kommt nicht in den Schlagzeilen. Genauso wie A. eine weitere Freundin von mir, die eine gute Stelle bei einer Bank hat, nebenbei noch studiert und perfekt integriert ist. Das ist die Mehrheit der Kosovaren in unserem Land, Herr Stöhlker.

Bedauerlich finde ich aber auch, dass Sie den schrecklichen Angriff aus Interlaken als „perfekte Tat für einen feurigen SVP-Wahlkampf“ betiteln. Wie soll man das bitte verstehen? Schicken Sie den Tätern jetzt Dankesbriefe? Der Satz entlarvt aber sehr vieles. Dass es gerade die SVP ist, die von solchen Taten profitiert und seit Jahren ein Interesse daran hat, dass der Unmut der Bevölkerung gegenüber Ausländern gross bleibt. Deswegen sträubt sie sich gegen alles, was die Situation entschärfen könnte, wie folgende Punkte zeigen:

1. Bringt der Bund Vorschläge, um die Ausschaffungsinititave umzusetzen, stellt sich die SVP quer, weil es ihr zu wenig weit geht, wenn man die Initiative völkerrechtskonform umsetzen möchte. Die SVP weiss, dass wir als Staat uns an das Völkerrecht halten MÜSSEN und deswegen niemals den SVP Wunsch nach automatischen Ausschaffungen für kleinste Vergehen nachkommen können. Statt aber Hand zu bieten, stellt sich die SVP quer, um das Süppchen immer kochen zu können.

2. Sämtliche Integrationsbemühungen des Bundes und der Kantone werden bekämpft. Im Kanton Zürich hat die SVP dafür gesorgt, dass ein Gesetz, das Integrationsvereinbarungen vorgesehen hätte (also Verträge, in denen sich Ausländer gegenüber den Behörden verpflichtet hätten, sich zu integrieren) nicht in Kraft treten konnte.

3. Finanzpolitisch fordert die SVP immer tiefere Steuern vor allem für Wohlhabende und will, dass der Staat möglichst wenig Geld zur Verfügung hat. Der Staat hat nur für eine starke Armee zu sorgen und den Bauern viel Geld zu zahlen, ansonsten hat er keine Aufgaben zu erfüllen, ist die SVP Mentalität. In Schulen braucht es keine Sozialarbeiter (die vielleicht dafür gesorgt hätten, dass Sie in der Schule nicht verprügelt worden wären), überlastete Lehrer (die ebenfalls hätten dafür sorgen können, dass Sie in der Schule nicht verprügelt worden wären) interessieren die SVP nicht und genügend Mittel um genug Personal bei den Strafverfolgungsbehörden zu haben, die dafür sorgen, dass kriminelle Jugendliche rasch verurteilt werden (und somit niemanden in der Schule verprügeln können), sind in der SVP Buchhaltung auch nicht vorhanden.

4. Im Bildungskonzept der SVP sind nur die guten Kinder vorgesehen und die schwachen Kinder müssen halt selber schauen, was mit ihnen passiert. Dass diese Kinder oftmals aufgrund von Sprachschwierigkeiten schulisch schwach sind, interessiert die SVP nicht. Und dass Jugendliche, die durch die Masche fallen und keine Lehrstelle finden, eher Gefahr laufen, kriminell zu werden, interessiert die SVP ebenso wenig.

5. Ja sogar wenn es darum geht, dass die Schweiz den Kosovo als unabhängigen Staat anerkennt und somit beim wirtschaftlichen Aufbau dieses Staates zu helfen, was letztendlich dazu führen könnte, dass sich auch ein paar Kosovaren entschliessen könnten, in ihre Heimat zurück zu kehren, schiesst die SVP scharf gegen unsere Aussenministerin und möchte, dass die Schweiz Kosovo unter keinen Umständen anerkennt.

Fazit: Die SVP tut also absolut alles, um das Verhältnis zwischen der ausländischen und der schweizerischen Wohnbevölkerung zu verschlechtern und sie tut absolut gar nichts, um Kriminalität zu verhindern, sondern instrumentalisiert sie für ihre Zwecke.

Darum, Herr Stöhlker, wenn Sie also wirklich etwas gegen Gewalt in unserem Land tun möchten, sind Sie bei der SVP an der falschen Adresse. Und dass Sie erst recht auf dem Holzweg sind, wenn Sie ganze Rassen abwerten, haben wir nun hoffentlich gelernt.

Im Übrigen hoffe ich natürlich, Ihre Fragen befriedigend beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse
Ihr Sozi


Paperblog

30 07, 2011

Wenn Rassismus und Hass schick werden

2019-02-18T10:04:45+01:0030. Juli 2011|

Er wartet geduldig. Da! Es bewegt sich etwas? Was sieht man dort hinter dem Fels hervor kommen? Ja, das ist es! Ein typisches Beispiel von Multikulti, das es zu zerstören gilt. Er zielt und schiesst. Booom, getroffen. Cool. Da nochmals, hinter dem anderen Felsen. Zielen und Volltreffer! Hurra, diesen Multikultis zeigt er’s und freut sich darüber!

Nein, hier ist nicht vom Massaker in Norwegen die Rede, sondern von einem Computerspiel. Ein Computerspiel, das die SVP vor einiger Zeit ins Internet gestellt hat und man viel Punkte sammelt, wenn man auf Minarette und rufende Muezzins schiesst. Wenn man das Spiel verliert, ist die Schweiz „voller Minarette“, was als zusätzliche Motivationen dienen soll, alle Minarette zu treffen.

Noch immer trauert die Welt um das Massaker in Norwegen. Noch immer lesen wir fassungslos, dass offenbar ein Einzeltäter eine Bombe gezündet und junge Menschen erschossen hat. Aber auch wenn dies die Tat eines Einzeltäters war, so reicht es nicht, wenn man sich darauf beschränkt und zur Tagesordnung übergeht.

Der Täter ist ein offensichtlicher fremdenfeindlicher Rechtskonservativer, der sich als Kreuzritter im Kampf gegen den Islam und die Linken mit ihrer Vision einer multikulturellen Gesellschaft sieht. Er hat seine Tat lange geplant und hat in rechten Internetforen seine fremdenfeindlichen Ansichten schon lange preis gegeben. Unbemerkt. Und genau das ist das Problem.

Seit einiger Zeit ist eine schleichende Veränderung der Gesellschaft festzustellen. Rassismus, Fremdenhass, Vorurteile und Abschottung werden immer mehr zur Mode. Während man früher noch hinter vorgehaltener Hand mit den Sätzen „ich bin ja kein Rassist, aber….“ begonnen hat, stehen heute viele offen zu ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Ausländerinnen und Ausländern. Man begründet das halt mit schlechten Erfahrungen. Schlechte Erfahrungen sind schliesslich Grund genug, ganze Bevölkerungsschichten zu hassen. In der ganzen westlichen Welt, haben Rechtspopulisten Aufwind. Auch in der Schweiz! Dauernd hört man Warnungen, dass die Schweiz bald untergehe. Wir stimmen über Minarettverbote ab, stimmen über Ausschaffungsinitiativen ab, die nicht mit dem Völkerrecht vereinbar sind und diskutieren wie man am besten verhindern kann, von Asylbewerbern überrannt zu werden.

Mit Millionenkampagnen vermitteln die Rechtspopulisten in unserem Land, dass sie die einzig wahren Kämpfer für die Schweiz sind. In Inseraten wird behauptet, „Linke und Nette“ seien Schuld an den Schlägern, Vergewaltigern und Mördern unseres Landes. Abgerundet werden diese Kampagnen mit den Behauptungen, dass „Schweizer SVP wählen“ würden. Das Gefährliche an der Sache ist allerdings, dass die Kampagnen so tun, als würden sie die „einfachen Bürger“, also das Volk vertreten. Die Kampagnen geben vor, nur die Wut der Bürger auszusprechen und tatsächlich für die Bedürfnisse des Volkes zu kämpfen. Es werden Horrorszenarien aufgezogen (wie z.B. Inserate, die behaupten in 20 Jahren wäre 70% der Schweiz islamisch), nur um dann zu zeigen, dass man diese Horrorszenarien als einzige Partei bekämpft.

So sät man Hass. So sorgt man für Misstrauen. So macht man Rassismus schick. Die Hemmschwelle in vollen Zügen, an Mittagstischen oder an Arbeitsplätzen über Ausländer zu schimpfen, ist nicht mehr vorhanden. Schliesslich sagt man ja nur die Wahrheit.  Die Worte „Solidarität“ oder „sozial“ werden bereits als negativ oder als lächerlich empfunden. Als „Linker“ ist man sofort in der Defensive. Man hört sich dauernd an, dass man ohnehin weltfremd sei, die Schweiz verraten wolle, Kriminelle verhätscheln und möglichst viel Ausländer in unser Land holen möchte. Das Volk scheint zu wissen, was „die Linken“ denken und wollen, dank den einfachen Hasskampagnen von rechts. Ein Blick in Kommentarspalten von Onlinezeitungen reicht, um zu sehen, mit welcher Selbstverständlichkeit und wie breit der Hass bereits gestreut wurde und wie selbstverständlich er geworden ist. Als beispielsweise vor ein paar Monaten ein Schweizer Bauer einen Ausländer erschoss, der von seinem Garten Hanfpflanzen stahl, waren die Kommentarspalten voll mit Sympathien für den Bauer.

Das ist der Nährboden für Fanatismus. Es ist nur logisch, dass dieser Nährboden weitere Hemmschwellen senkt. Wenn es in Ordnung ist, in Onlinespielen vor Abstimmungen Minarette abzuballern, wenn es in Ordnung ist vor Wahlen in Onlinespielen auf Richter zu schiessen und Linke zu verprügeln, wenn es in Ordnung ist Menschen- und Völkerrechte als Gefahr für ein zu Volk verkaufen, was kommt dann als nächstes? Die Leute fühlen sich wütend und sehen sich als Kämpfer für ihr Land. Als Beweis haben sie schliesslich täglich Inserate und die Hetze der grössten Partei unseres Landes, die weiterhin Öl ins Feuer giesst und den Hass anstachelt.

Auch wenn Worte nicht töten können, so lösen sie viel aus. Nur auf fruchtbarem Boden kann etwas wachsen. Das gilt auch für den Fanatismus und den Hass. Da braucht es nicht mehr viel, bis Spinner und Psychopathen sich plötzlich aufgerufen fühlen, im Namen des Volkes gegen „Linke und Nette“, Ausländer und Fremdes zu kämpfen, schliesslich haben sie die Meinung der grössten Schweizer Parteien im Rücken, wie sie täglich auf Plakatwänden und Inseraten sehen können.

Selbstverständlich weisen alle die Schuld weit von sich und empören sich, wenn man ihnen vorwirft, ihr Hass sei der Nährboden für das Massaker in Norwegen. Statt sich zu empören, täten diese Leute aber gut daran, darüber nachzudenken, was sie tun könnten, um Fundamentalismus den Nährboden zu entziehen. Denn wer mit dem Feuer spielt, will zwar in den meisten Fällen keinen Brand verursachen, muss aber damit rechnen, einen auszlösen, spätestens seit Norwegen sollten wir das in Europa wissen.

Fundamentalismus, extreme Positionen und Schüren von Vorurteilen sind Gift für eine Gesellschaft, egal ob es von links oder rechts kommt. Die Politik muss dafür sorgen, dass Auseinandersetzungen durchaus hart, aber mit dem nötigen Respekt und ohne Fanatismus geführt werden. Und das Volk darf sich nicht von Hetzern und Demagogen verführen lassen. Sonst steuern wir auf dunkle Zeiten zu, die sich Europa geschworen hat, nie wieder erleben zu wollen!

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