31 10, 2012

Der Angriff der CVP

2013-10-28T12:14:48+01:0031. Oktober 2012|

Es ist wieder einmal soweit. Die Konservativen unsere Landes blasen (heimlich) zum Angriff gegen homosexuelle Paare. Diesmal, und das ist am Angriff besonders perfid, kommt der Angriff durch die Hintertür, versteckt in einem Paket, das eigentlich familienfreundlich klingt.

Die CVP hat genügend Unterschriften für die Initiative zur „Abschaffung der Heiratsstrafe“ beisammen. Dabei will sie die „steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Benachteiligung“ von verheirateten Paaren abschaffen. Gleichzeitig will die Initiative in der Schweizer Verfassung festschreiben, dass die Ehe eine Verbindung zwischen Mann und Frau ist.

Der Text lautet

Art. 14 Abs. 2 (neu)
2 Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Sie bildet in steuerlicher Hinsicht eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie darf gegenüber andern Lebensformen nicht benachteiligt werden, namentlich nicht bei den Steuern und den Sozialversicherungen.

Damit bläst die CVP zu einem unverfrorenen Frontalangriff gegen homosexuelle Paare. Sie will dafür sorgen, dass homosexuelle Paare niemals eine Ehe eingehen dürfen. Denn die Verfassung ist der zentrale, grundlegende Rechtsbestand eines Staates. Darin werden die wichtigsten (Grund)Rechte festgehalten, gegen die kein Gesetz oder Verhalten verstossen darf. Und nun sollen all die Grundrechte unserer Verfassung mit einer Diskriminierung ergänzt werden. Das kommt uns bekannt vor. Die ultrakonservativen Republikaner in den USA haben mehrmals versucht, eine solche Definition der Ehe in die Verfassung der USA zu schreiben.  Bisher sind sie immer wieder gescheitert. Die CVP versucht also das, was den Ultrakonservativen in den USA bisher noch nicht gelungen ist und verknüpft dies mit einem populären Anliegen.

Die CVP, die in Zürich zwar mit homosexuellen Paaren auf Plakaten versucht, sich einen modernen Anstrich zu verpassen, will also tiefstes Mittelalter in die Verfassung festschreiben.

Im Klartext diskriminiert die CVP Initiative homosexuelle Paare gleich doppelt:

  1. homosexuelle Paare sollen niemals heiraten dürfen.
  2. gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaften homosexueller Paare (geregelt durch das Partnerschaftsgesetz) dürfen benachteiligt werden, heterosexuelle gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaften nicht.

Es liegt nun an (den moderaten Kräften innerhalb) der CVP zu beweisen, dass es ihr nicht um konservative Symbolpolitik, sondern um finanzielle Fragen und einzig und allein um eine finanzielle Besserstellung von Eheleuten (unabhängig davon, ob das in Zukunft auch einmal gleichgeschlechtliche Paare sein können) geht. Dazu  muss sie Hand für einen Gegenvorschlag bieten, der diese Definition einer Ehe nicht beinhaltet und nur die finanzielle Benachteiligung thematisiert. Sollte sie dazu nicht bereit sein, beweist sie ihre Absicht, bewusst homosexuelle Paare per Verfassung diskriminieren zu wollen – und missbraucht dazu erst noch die finanzielle Situation heterosexueller Ehepaare.

Eine solch ewiggestrige, mittelalterliche und diskriminierende Definition der Ehe passt zwar zum Gedankengut des CVP Präsidenten, der Kinder von homosexuellen Paaren mit Kokain vergleicht. Im Jahr 2012 gehört diese Definition aber in keine Gesellschaft und schon in gar keine Verfassung. Im Gegenteil – in der heutigen Zeit sollte es keinen Unterschied mehr machen, ob eine gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft aus zwei Männern, zwei Frauen oder einem Mann und einer Frau besteht. Darum ist auch eine Unterscheidung zwischen einem Partnerschaftsgesetz (also der gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren) und der Ehe (gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau) völlig überholt und nicht mehr zeitgemäss. Eine Ehe einzugehen muss das Recht von jedem volljährigen Menschen sein und kein heterosexuelles Privileg darstellen!

Diese Initiative muss daher von der LGBT Community und allen auch nur halbwegs moderat und liberal denkenden Menschen entschlossen und mit allen Mitteln bekämpft werden, um zu zeigen, dass wir niemals zulassen werden, dass man die Verfassung mit Diskriminierungen von Homosexuellen verunstaltet. Packen wirs an!

Mehr zum Thema: Wir wollen die ganze Salami.

 

 

 

26 09, 2012

Danke Ensy (Nachtrag zum offenen Brief)

2013-10-15T15:45:19+02:0026. September 2012|

Ensy hat auf meinen offenen Brief reagiert und in der Kommentarfunktion persönlich Stellung genommen:

ENSY schrieb am 26. September 2012 09:50:

Hallo Alan 

Ich habe deinen offenen Brief nun durchgelesen. Ich bin der gleichen Meinung, dass Beleidigungen und Diskriminierung schlecht sind. Darauf können wir uns definitiv einigen. desweiteren möchte ich mich hier mit meinem öffebntlichen Statement bei Dir und bei vielen anderen Schwulen, die durch meinen Beihtrag verletzt wurden entschuldigen:

Ich möchte mich ausdrücklich und in aller Form bei allen Leuten, die sich durch meinen Post beleidigt fühlen, entschuldigen. Meine Einstellung zu Homosexuellen ist eher kritisch, nichts desto trotz ist meine Wortwahl im vorgestrigen Facebook-Beitrag unverzeihlich. Ich bin gegen jegliche Form von Diskriminierung und distanziere mich hiermit von den radikalen Aussagen und Beleidigungen explizit.

Freundliche Grüsse
Ensy

Weiter hat er sich sowohl auf seiner Facebookseite als auch gegenüber tillate/20min und Joiz öffentlich und deutlich für seine Aussagen entschuldigt. In einem Telefongespräch hat er mir auch  versichert, dass seine Aussagen eine Affekthandlung waren und keineswegs seine wirkliche Haltung gegenüber Homosexuellen repräsentiere. Der Vorfall habe ihm auch die Augen geöffnet. Er respektiere uns und spreche sich deutlich gegen Diskriminierungen jeglicher Art aus.

Wie ich bereits mehrmals geschrieben habe, sollten wir Diskriminierungen gemeinsam bekämpfen, statt uns gegenseitig zu bekriegen. In meinem Brief an Ensy habe ich ihm darum die Hand ausgestreckt und den Vorschlag gemacht, gegen jegliche Form von Diskriminierungen zu sein.  Unter den Reaktionen darauf waren viele, die dies „bei Menschen wie ihm“ als sinnlos erachteten. Ensy hat den Vorschlag aber angenommen und damit auch all jenen, die dies nicht für möglich gehalten hätten gezeigt, dass der Versuch, aufeinander zuzugehen der bessere Weg ist, statt in den Schützengräben zu verharren. Dafür ist ihm grossen Respekt zu zollen und ich hoffe, dass dies einen positiven Effekt gegen Homphobie in unserem Land hat.

Jede und jeder von uns hat sich schon unüberlegt geäussert. Gerade in Social-Media-Zeiten werden unüberlegte Aussagen schnell und leicht gemacht. Weniger leicht ist es, genauso öffentlich zu einem Fehler zu stehen und sich von gemachten Aussagen zu distanzieren. Ensy hat hier eindeutig Grösse bewiesen.

Auch wenn diese Angelegenheit nun eine erfreuliche Wendung genommen hat, ist klar, dass gegen Homophobie noch viel unternommen werden muss. Auch in der vermeintlich toleranten Schweiz ist es dafür noch ein weiter Weg. Aber auch wenn dieser Weg weit ist, er ist machbar. Ereignisse wie diese zeigen es.

 

25 09, 2012

Ein offener Brief an Rapper Ensy

2013-10-17T22:27:58+02:0025. September 2012|

Lieber Ensy

Eigentlich ist es besser Beleidigungen, wie du sie geäussert hast, zu ignorieren. Da du aber nur aussprichst, was einige in diesem Land denken und ich noch Hoffnung hege, dass Ignoranz überwindbar ist, schreibe ich trotzdem ein paar Zeilen an dich.

Erst einmal frage ich dich, warum du es nötig hast, so krass über Leute wie mich herzuziehen. Was hast du davon, wenn du uns so beleidigst? Fühlst du dich dann besser? Krasser? Fördert das dein Image als Gangsterrapper? Mutig sind deine Aussagen auf jeden Fall nicht. Im Gegenteil, mutig wäre es, als Rapper hinzustehen und für Akzeptanz von Homosexuellen zu werben.

Anyway, zurück zu meiner Frage: Niemand erwartet von dir, dass du Homosexualität verstehst (jedem seinen Horizont). Warum aber die Beleidigungen? Warum nicht einfach leben und leben lassen? Was stört es dich, wenn sich Männer „kräftig in den Hintern geben“ und warum soll das eine Straftat sein? Mal ganz abgesehen davon, dass mich deine Faszination zu diesem Thema erstaunt (immerhin bietest du Dildos für Schwule als Geschenk an und beschreibst, was Männer damit machen können, was mich auch an Studien erinnern, die besagen, dass viele Schwulenhasser selber nicht ganz so „100% hetero“ sind, wie du von dir auf deiner Seite schreibst), ist es doch gut für dich, wenn es homosexuelle Männer gibt. Dann gibt’s mehr von dem was du „lange Haare, Brüste, runder Po und Muschis“ nennst, für dich!

Aber wenn du schon die Religion als Grund für deine Ablehnung ins Spiel führst, lass mich dir ein wenig Nachhilfe dazu geben. Im Koran steht nichts, aber auch rein überhaupt gar nichts ausdrücklich über Homosexualität. Nichts! Niente! Nada! Natürlich gibt es Passagen, die so gedeutet werden könnten, wenn man denn will, aber eine ausdrückliches Verbot steht nicht.Hier, hier und hier hast du sonst ein paar Interpretationen dazu. Was allerdings steht, sind Dinge wie „sag den gläubigen Männern, sie sollen (statt jemandes anzustarren, lieber) ihre Augen niederschlagen, und ihre Keuschheit bewahren“ (Sure 24 Vers 30). Das heisst, dass was du über die Brüste und die „Muschis“ schreibst oder das Angebot, dass du Alicia Parel gemacht hast, etwas eindeutiger verurteilt werden, als Homosexualität. Du siehst, egal wie man religiöse Bücher interpretieren will, sie sind nicht sehr geeignet, um heutzutage wortwörtlich danach zu leben.

Aussagen, wie du sie gemacht hast (und ganz viel andere Menschen machen) sind der Grund dafür, dass die Selbstmordrate unter homosexuellen Jugendlichen ein Vielfaches höher ist als bei heterosexuellen Jugendlichen. Sie sind der Grund, dass ganz viele Homosexuelle Angst haben, sich zu outen, depressiv werden oder auf der Strasse und in der Schule gemobbt oder angegriffen werden. Das kannst du doch nicht gut finden?! Und wenn dir das egal ist, stell dir doch einfach mal vor, wie du es finden würdest, wenn Leute aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer Nationalität gemobbt und angegriffen würden? Denn genauso wie diese Leute mit ihrer Herkunft oder Hautfarbe geboren werden, wurde ich als homosexueller Mann geboren (was man übrigens nicht über Religionen sagen kann, die werden einen anerzogen, womit es beim Wettbewerb was natürlicher ist, Homosexualität oder Religionen, 1:0 für Homosexualität steht, aber das spielt hier auch keine Rolle). Dass Homosexualität natürlich ist, sollte im Jahre 2012 also allen klar sein, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Homosexualität bei 1’500 Spezies festgestellt wurde. Und wenn du diese Tatsache noch immer nicht akzeptieren willst und Homosexualität für unnatürlich hälst, nochmals die Frage: was stört es dich und was geht es dich an, in wen ich mich verliebe und mit wem ich ins Bett steige?

Siehst du, du beklagst dich darüber, dass der Islam kritisiert wird und Hass-Filme darüber gedreht werden. Aber merkst du nicht, dass Aussagen wie deine, gerade dazu führen, dass es hier noch mehr Menschen gibt, die etwas gegen den Islam haben? Du schadest mit solchen Aussagen also nicht nur dir selber, sondern deiner Religion, die dadurch noch mehr kritisiert wird. Weisst du, wer sich am meisten ab deinen Aussagen freut? Leute, die Ausländer und den Islam hassen! Und weisst du, wer verliert? Leute wie ich, die sich gegen Rassismus einsetzen. Ich finde es nämlich auch idiotisch, wenn irgendwelche Hasser den Islam mit dummen Filmen beleidigen. Niemand hat was davon, denn eine Diskussion wird dabei gar nicht gesucht, man will nur beleidigen und provozieren. Meinungsfreiheit ist wichtig, Beleidigungen sind aber ein Missbrauch der Meinungsfreiheit, denn sie haben nicht zum Ziel, eine Meinung zu äussern, sondern andere zu verletzen. Warum also tust du genau das, was du anderen vorwirfst? Wäre es nicht besser, wenn wir gemeinsam gegen Hass, Beleidigungen und Diskriminierungen vorgehen würden, statt uns gegenseitig zu bekriegen?!

Darum komm, ich mache dir einen Vorschlag: Einigen wir uns doch darauf, dass Beleidigungen und Diskriminierungen schlecht sind. Egal ob sie sich gegen Ausländer, Moslems, Dunkelhäutige, Menschen mit Behinderungen oder Homosexuelle richten. Was meinst du? Schliesslich ist das letztendlich auch der Sinn der von dir zitierten Religionen: Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gemeinschaft, statt Hass. Hass erzeugt Gegenhass. Das nennt man einen Teufelskreis. Und den Teufel finden wir schliesslich alle (ob religiös oder nicht religiös) Scheisse.

Beste Grüsse

Alan

PS: Falls dich das Thema Adoptionsrechte für homosexuelle Paare interessiert, empfehle ich dir entweder diese Diskussion auf Joiz oder meine offenen Briefe an die beiden Nationalräte Christian Wasserfallen und hier.

23 08, 2012

Die Blamage der FDP

2019-02-18T10:04:44+01:0023. August 2012|

Ein Schauspiel, das an eine Tragikkomödie erinnert. Anders kann man das Verhalten der FDP Fraktion des Gemeinderats der Stadt Zürich nicht bezeichnen.

Seit einiger Zeit versucht die FDP Stadt Zürich der SVP die rechts-aussen Wählerinnen und Wähler abzujagen, indem sie im Gemeinderat der Stadt Zürich Vorstösse einreichen, die Asylbewerber ins Visier nehmen. Die jahrelangen Attacken seitens der SVP, welche die FDP als „Weichsinnige“ betitelt hat, scheint also zu fruchten. Die FDP schwenkt zunehmend auf die SVP Linie ein (und wird im Parlament immer wieder von der SVP getadelt, wenn sie sich mal traut, anders zu stimmen).

Vorreiterin dieser neuen „hart, aber fairen“ Politik in der Stadt Zürich ist die 31-jährige Tamara Lauber. Tamara Lauber, die in den Walliser Bergen aufgewachsen ist, seit ein paar Jahren in der Stadt Zürich lebt (und somit den klassischen Fall eines innerschweizerischen Wirtschaftsflüchtling darstellt) findet, die FDP Stadt Zürich sei lange „viel zu links“ gewesen. Interessant ist, dass sich diese Kritik unter anderem an den Finanzminister der Stadt Zürich, Martin Vollenwyder, zu richten scheint. Ein FDP-Finanzminister, der seit Jahren im Amt ist, gute Arbeit leistet und die Finanzen der Stadt Zürich im Griff hat, betreibt also zu linke Politik. In beinahe missionarischem Eifer kämpft Frau Lauber gegen alles was nach links riecht. Seien dies die „linke CVP“ oder die „linken Grünliberalen“ (immerhin hat der jahrelange  Vorwurf seitens SVP links zu sein auch bei der FDP zu einer Kurskorrektur nach rechts geführt). Zwischendurch wittert Frau Lauber einen Skandal und eine Verschwendung von Steuergeldern, wenn Gesundheitszentren der Stadt Zürich ein Fest für das Gesundheitspersonal durchführen (wie sich im Nachhinein herausstellt,zu Unrecht). Den Fokus scheint Frau Lauber aber auf Asylbewerber zu legen, wie ich in einer Diskussion mit ihr des Jugendsenders Joiz feststellen konnte. Fakten und Zahlen spielten dabei keine Rolle.

Vor ein paar Wochen war es wieder soweit. Tamara Lauber hat zusammen mit Fraktionschef Roger Tognella einen Vorstoss eingereicht, der fordert, dass in der Stadt Zürich sämtlichen Asylbewerbern, die sich im Asylverfahren befinden, die Sozialhilfe gestrichen wird. Es ist allgemein bekannt, dass die FDP in dieser Frage tief zerstritten ist und sich mit hauchdünner Mehrheit (von einer Stimme) entschlossen hat, einen solchen Vorstoss einzureichen.  Verständlich, der Vorstoss strotzt nicht nur von SVP Vokabular, er beweist auch einmal mehr, dass das Fachwissen bezüglich Asylthematik in der FDP Stadt Zürich ziemlich eingeschränkt zu sein scheint. So schreibt die FDP in der Begründung, dass wer „in Zürich einen Asylantrag stellt“, nur noch Nothilfe erhalten sollen. Dabei vergisst die FDP, dass Asylbewerberinnen und Asylbewerber einer Gemeinde zugewiesen werden, egal wo sie den Antrag auf Asyl gestellt haben und es daher herzlich egal ist, wo sie ihren Antrag stellen.

Im Gemeinderat der Stadt Zürich dauert es normalerweise 2-3 Jahre bis ein Vorstoss behandelt wird. Bei dringenden Fällen kann man einen Vorstoss für „dringlich“ erklären. Wenn 63 Mitglieder des Gemeinderats dieser Dringlichkeit zustimmen, wird der Vorstoss innerhalb von Wochen behandelt. Wie allgemein bekannt ist, entscheidet das Parlament in Bern diesen Herbst, ob man auch jenen Asylbewerbern,  die sich noch in Asylverfahren befinden, die Sozialhilfe streichen und nur noch Nothilfe entrichten soll. Umso erstaunlicher, dass die FDP nicht beantragt hat, ihren Vorstoss jetzt für dringlich zu erklären. Denn in 2 Jahren ist es zu spät und der Entscheid dazu längst gefallen.

Die SP hat die zunehmende Hetze satt. Besonders dann, wenn sogenannte „Mitteparteien“ beginnen, sich einen Wettbewerb mit den Rechten darüber zu liefern wer die härteren Vorstösse gegen Asylbewerber einreicht. Wir entschlossen daher, auf Frontalangriff zu gehen. Am 11. Juli 2012 beantragten wir, den Vorstoss im Rat für dringlich zu erklären. Erstens, weil wir die Debatte nicht scheuen. Und zweitens, weil klar ist, dass eine Mehrheit des Parlaments der Stadt Zürich weiss, dass die Streichung von Soziahilfe für Asylbewerbende gerade in den Städten sehr negative Auswirkungen hat. Zum einen ist es unwürdig, Menschen, deren Asylgesuch noch nicht einmal behandelt wurde (und man somit nicht weiss, ob es sich um berechtigte Gesuche handelt), von Anfang an gleich zu behandeln, wie Asylbewerber, deren Asylgesuch abgelehnt wurde und ihnen Notfhilfe zu entrichten (z.B. 8.- Migros-Gutscheine pro Tag). Weiter zeigen die Erfahrungen, dass Streichung von Sozialhilfe die Kriminalität fördert. So ist es kein Zufall, dass hauptsächlich auf Nothilfe gesetzte, abgewiesene Asylbewerber straffällig werden und Vermögendselikte begehen. Dass die Anonymität der Städte sich dabei eignet, abzutauchen, ist ebenfalls bekannt. Dieser Vorstoss würde also nicht nur den betroffenen Personen, sondern der Stadt Zürich schaden. Aus diesem Grund sprechen sich AL, Grüne, SP, CVP, EVP und GLP der Stadt Zürich im Parlament gegen einen solchen Vorstoss aus. Der Vorstoss von Tamara Lauber und Roger Tognella wäre also kläglich gescheitert.

Nachdem wir im Rat Dringlichkeit für diesen Vorstoss beantragt hatten, lobte Tamara Lauber unser Vorgehen öffentlich und schrieb auf Facebook „schön, dass die SP auch endlich erkannt hat, dass Handlungsbedarf besteht. Ich freue mich auf die Debatte im Rat.“ Weiter begrüsste sie „den Sinneswandel der SP“ und „den Antrag der SP“.

Gestern Abend war es dann soweit. Das Parlament der Stadt Zürich musste darüber abstimmen, ob der Vorstoss für dringlich erklärt wird. Und siehe da, die FDP, deren Vertreterinnen und Vertreter von einem „Notstand“ im Asylwesen sprechen und einen Vorstoss nach dem anderen gegen Asylbewerber einereichen (für die sie normalerweise Dringlichkeit beantragen), stimmte nicht für Dringlichkeit. Der sichtlich wütende Roger Tognella gab sich verzweifelt Mühe, diese Inkonsequenz zu begründen und meinte, dass die FDP mit diesem Vorstoss nur eine Diskussion habe lancieren wollen. Eine Diskussion, die nun in der nationalrätlichen Kommission geführt worden sei. Nur leider bringt Herr Tognella auch da -einmal mehr- die Fakten durcheinander. Der Nationalrat hat über diesen Vorschlag bereits befunden, bevor die FDP im Gemeinderat Zürich ihren Vorstoss eingereicht hat, was ihm SP-Fraktionschefin Min Li Martin auch umgehend erklärte. Die Diskussion in der Schweiz war also da geführt worden. Sie hatte nichts, aber auch gar nichts mit dem Vorstoss von Tamara Lauber und Roger Tognella zu tun. Im Gegenteil, die beiden sind nur auf den Zug aufgesprungen, wohl in der Hoffnung, etwas von der medialen Aufmerksamkeit auf sich lenken zu können. Somit hätte die FDP also nur noch eine Diskussion über diesen Vorschlag im Gemeinderat lancieren können. Nun, die Diskussion dazu hätten wir im Rat führen können, lieber Herr Tognella, ihr habt sie verhindert. Die Gelegenheit eine Diskussion zu führen wollte die FDP also nicht ergreifen. Wo war nun plötzlich die „Freude“ einer Tamara Lauber (die sonst so stolz darauf ist, keine Wischi-Waschi Politik zu betreiben) an der Debatte? Mit diesem Verhalten bewies die FDP, dass sie Angst vor ihrem eigenen Vorstoss hat. Sie hat Angst vor der Diskussion. Sie weiss genau, dass ihr Vorstoss in Zürich keine Chance hat, eben weil eine Mehrheit des Parlaments weiss, dass er schädlich für die Stadt Zürich wäre. Dennoch, wenn Politikerinnen und Politiker hinter einem Vorstoss stehen und ihn einreichen, sollte man meinen, sie würden ihren Vorstoss verteidigen, sich dafür einsetzen und die Diskussion darüber führen wollen. Nicht so die FDP. Dies ist nicht nur eine Blamage sondergleichen, es entlarvt ihren Vorstoss als einen weiteren kläglichen Versuch, inhaltslose Schaufenster-Politik für die Medien zu betreiben. Oder wie es mein guter Freund und Parteikollege Lucas Tschan treffend formuliert „Politics by Helicoptering: Auftauchen, viel Staub aufwirbeln, nichts konstruktives beitragen und wieder verschwinden.“

Auch die SVP, die sich für kein Asyl- und Ausländerbashing zu schade ist und aufgrund den uns „überrollenden Asylbewerbern“ die Apokalypse wittert, stimmte gegen Dringlichkeit. Auch hier, plötzlich hatte man Angst vor der Diskussion. Dies weil eine Ablehnung des Vorstosses „ein fatales Signal nach Bern senden würde“ (Zitat Mauro Tuena).

Nun, liebe Rechtspopulisten aus der FDP und SVP. Zwei Signale wurden heute klar gesendet: Erstens ist klar, dass die Mehrheit des Zürcher Parlaments (inklusive Mitteparteien) gegen eine Streichung der Sozialhilfe für alle Asylbewerber ist. Und zweitens habt ihr bewiesen, dass ihr Angst vor der Diskussion darüber habt und zu diesem Thema schnell schweigt, wenn euch eine breite Koalition gegenüber steht. Nichts hätte eure Politik mehr entlarven können und das ist gut so.

22 07, 2012

Zusammenstehen statt Hetzen

2013-10-10T15:40:04+02:0022. Juli 2012|

Es war eine kurze Meldung. Eine kurze, erschütternde Meldung, die ich an einem Sonntagnachmittag im Internet gelesen habe. „Toter nach Streit im Kaufleuten.“

Der 23 jährige Vigan geht mit seiner Freundin und seinem Bruder ins Kaufleuten feiern – und wird erstochen. Was für ein tragisches Ende einer Partynacht, was für eine grausame Nachricht für die Hinterbliebenen!

Unfassbare Tat – Unfassbare Propaganda

Ein paar Stunden später an diesem Sonntagnachmittag. Eine Diskussion auf TeleZüri. Natalie Rickli, SVP-Nationalrätin spricht von diesem tragischen Vorfall.  Gut, denke ich erst. Gut, dass dieser dramatische Vorfall angesprochen wird. Was ich aber höre, lässt mich erschaudern. Betroffen gemacht habe Natalie Rickli die Tötung eines 23 jährigen Schweizers beim Kaufleuten. Es sei schon schlimm genug in unserem Land, jeden Tag geschehen Schlägereien, Messerstechereien, Körperverletzungen und auch solche Tötungen im Ausgang.  Und dann: „Ich mutmasse, dass der Täter ein Ausländer ist oder ein Schweizer mit Migrationshintergrund, die offiziellen Stellen wollten das ja nicht bestätigen, aber Augenzeugen sagen das. Aber ich glaube das schon, denn ganz ehrlich, es sind in der Regel keine Schweizer, die mit dem Messer rumlaufen und jemanden erstechen, im Ausgang. Ich sage das auch darum, weil es mich stört, dass die Behörden das nicht veröffentlichen. Die SVP hat letzte Woche in einem Vorstoss im Kantonsrat eingereicht, der fordert, dass man darauf hinweisen muss, wenn das ein Schweizer mit Migrationshintergrund ist, denn es sind in der Regel Ausländer oder Schweizer aus fremden Kulturkreisen, die eingebürgert worden sind und so sehen wir, dass wir in diesem Bereich Handlungsbedarf haben.“

Es ist unfassbar. Wenige Stunden nach einem solch tragischen Vorfall, schafft es die SVP diese Tragödie auszuschlachten. Diesen sinnlosen Tod für politische Propaganda zu missbrauchen und gleich sämtliche Ausländer, fremde Kulturen und Schweizer „mit Migrationshintergrund“ für solche Taten verantwortlich zu machen! Dass das Opfer Schweizer „mit Migrationshintergrund“ war, interessiert Natalie Rickli nicht. Es geht um den Täter. Es geht darum Stimmung zu machen. Es geht darum zu zeigen, dass die SVP Recht hatte, dass die Ausländer schlecht, gefährlich und für alles Negative in unserem Land verantwortlich sind. Was für eine Frechheit und ungeheuerliche Respektlosigkeit gegenüber dem Opfer, seiner Familie, die ebenfalls aus „einem fremden Kulturkreis“ stammt und allen Ausländerinnen, Ausländern und Schweizerinnen und Schweizer mit Migrationshintergrund.

Wenn es der SVP wirklich nur um Sammeln von Fakten geht, wie sie immer wieder behauptet hat, warum wollen sie dann nicht auch, dass bei den Opfern von Gewalt veröffentlicht wird, ob diese einen „Migrationshintergrund“ hätten. Wenn man alle Fakten will, gehören diese Fakten dazu. Hat die SVP Angst davor, dass dabei rauskommen könnte, dass es bei Gewalttaten oft auch Opfer gibt, die ausländischer Herkunft sind? Natürlich wären solche Fakten nicht sehr günstig, denn das würde es ja schwieriger machen, Ausländer als böse abzustempeln.

Sind wir schon so weit gekommen, dass bei einer solchen Tat die Herkunft des Täters im Zentrum steht? Wie wäre es, sein Beileid den Hinterbliebenen auszusprechen? Wie wäre es, wenn man über das Opfer redet, nämlich darüber, wie wichtig dieser Mensch für viele war und was für eine schmerzhafte Lücke er bei seinen Angehörigen hinterlässt? Wie wäre es, wenn man den Eltern dieses Jungen sein Mitgefühl ausdrückt, statt über ihren „Kulturkreis“ (von dem man sowieso gar keine Ahnung hat) zu hetzen. Gerade in diesem Fall zeigt sich besonders tragisch, wie sehr man Täter und Opfer in den selben Topf schmeisst – und wie dumm das ist. Das ist nicht nur geschmacklos und dumm, sondern eine Respektlosigkeit dem Opfer und seinen Hinterbliebenen gegenüber.

Unrecht mit Gewalt vergelten?

Kurze Zeit später starten die Angehörigen des Opfers einen Aufruf zu einer Demonstration. Eine Demonstration gegen Gewalt, für Frieden und zum Gedenken des Opfers. Innert kürzester Zeit melden sich über 1’000 Leute via Facebook an, die an der Demonstration teilnehmen wollen. Eine exzellente, berührende, schöne und sinnvolle Idee!

Ein paar Tage später ruft mich der Reporter eines TV Senders an und fragt mich nach meiner Meinung zu den Aussagen der SVP, dass diese Tat typisch für Menschen mit ausländischen Wurzeln und dass die geplante Demonstration für mehr Frieden im Ausgang ja eigentlich heisse Luft sei. Wut kommt hoch. Statt irgendeinen verdammten Beitrag zu leisten, schlachtet die SVP diesen tragischen Vorfall weiter aus. „Es liegt in der Regel eben nicht nur am Alkohol, sondern auch an den Wurzeln dieser Menschen, die das Gefühl hätten, man müsse Unrecht mit Gewalt vergelten“, sagt ein SVP Gemeinderat Roger Liebi am vergangenen Donnerstag im TV und steht der Demonstration darum kritisch gegenüber. Mal ganz abgesehen davon, dass dieser SVP Vertreter damit impliziert, das Opfer hätte dem Täter „Unrecht getan“ (welcher dieser mit Gewalt vergelten musste) frage ich  mich, ob er nur schon die ersten zwei Worte des Titels der Demonstration, über die er gerade redet, gesehen hat. Gegen Gewalt, steht da! Ins Leben gerufen von Menschen, die offensichtlich einem Migrationshintergrund haben, denn sie heissen nicht Fritz Meier oder Daniel Müller. Welchen Teil von „Gegen Gewalt“ versteht Roger Liebi also nicht?!

Eindrückliche Demonstration

Gestern fand die Demonstration schliesslich statt. Als jemand, der schon an mehreren Demonstrationen  teilgenommen hat, muss ich sagen, dass dies wohl die eindrücklichste Demonstration gewesen ist, an der ich je teilgenommen habe. Kurz vor Start der Demonstration war der Helvetiaplatz voller junger Menschen. Ein junger Mann las ein Gedicht zu Ehren von Vigan vor, bevor die Demonstration durch die Innenstadt los ging. Es war eine erdrückende Stille, die von diesen mehreren Hundert Menschen ausging (die Medien berichten von 400-800, gewirkt hat es wie weit mehr). Mehrheitlich junge Menschen, aus den verschiedensten Kulturen marschierten schweigend die Route entlang. Einige hielten Fotos des Opfers in der Hand, andere waren in Armeeuniform gekleidet. Der Demonstrationsumzug hielt vor dem Tatort, wo Angehörige weinend Blumen niederlegten. Es ist kaum zu beschreiben, wie unfassbar traurig die Stimmung war. Die Demonstration ging weiter und endete am Werdmühleplatz, wo die Organisatoren und Angehörigen für Frieden und gegen Gewalt aufriefen. „Wenn wir mit dieser Demonstration auch nur ein Leben retten konnten, hat es sich gelohnt“, meinte einer der Organisatoren.

Wo waren all die „betroffenen“ Natalie Ricklis und sonstige SVP Politiker? Warum nahmen sie nicht auch teil, um für mehr Frieden zu demonstrieren? Wieso kamen sie nicht, um zu sehen, wie all die Menschen mit diesen „gewalttätigen Wurzeln, die Unrecht mit Gewalt vergelten wollen“ für Frieden und gegen Gewalt demonstrierten? Wieso haben sie sich die Botschaft der Demonstranten, dass Gewalt niemals eine Antwort sein kann, nicht angehört? Das alles interessiert offenbar nicht, denn das passt schlecht in die politische Propaganda.

Gelungen, das Opfer ins Zentrum zu stellen

Die Organisatorinnen und Organisatoren, die wohl zum ersten Mal eine Demonstration organisiert haben, haben exzellente Arbeit geleistet. Sie sorgten dafür, dass der Marsch alle Auflagen der Polizei erfüllte. Manche Organisatoren von politischen Demonstrationen könnten sich ein Beispiel an diesen Organisatorinnen und Organisatoren und den Helferinnen und Helfern nehmen. Es war eine Demonstration organisiert von Menschen „mit Migrationshintergrund“ und durchgeführt von Menschen „mit Migrationshintergrund“ für den Frieden und gegen Gewalt. Und das wichtigste: Sie haben es geschafft, das Opfer ins Zentrum zu stellen Sie haben es geschafft, dem Opfer ein Gesicht zu geben. Die Medien berichteten gestern und heute darüber, was das Opfer für ein wichtiger Mensch für seine Angehörigen war. Das Gesicht des Opfers steht im Zentrum, nicht jenes des Täters. Das ist eine enorme Leistung und den Organisatorinnen und Organisatoren gehört allergrössten Respekt dafür gezollt!

Zusammen stehen statt hetzen 

Diese Menschen haben eindrücklich bewiesen, was wir Politikerinnen und Politiker lernen müssen: Bei solch tragischen Ereignissen zusammen stehen, statt zu hetzen. Den Opfern gedenken, statt für politische Zwecke zu missbrauchen. Für Frieden einstehen, statt Schuld zuweisen. Die Ideologie ablegen und gemeinsam nach Lösungen suchen, damit solche Dinge nicht mehr passieren. Das geschieht nicht, indem man hetzt. Das geschieht nicht, indem man Schuldzuweisungen vornimmt. Das geschieht, indem man zusammensteht. Als Menschen. Nicht als Jung oder Alt. Nicht als Ausländer oder Schweizer. Sondern als Menschen. Menschen, deren Wurzeln egal sind. Menschen, die in ihrem Wunsch nach Frieden vereint sind. Menschen, die Gewalt ablehnen.

Die Politik muss diesen Organisatorinnen und Organisatoren, den Helferinnen und Helfern und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Demonstration einen grossen Dank für dieses starke Zeichen, das sie gesetzt haben, aussprechen. Wir müssen die Botschaft ernst nehmen und zusammen nach Lösungen suchen, um solche Tragödien zu verhindern. Hetzen und das Klima vergiften trägt da nichts dazu bei, im Gegenteil, es schürt den Hass und Hass ist der Ursprung von Gewalt. Setzen wir uns für Lösungen ein, denken wir über Partei- und Ideologiegrenzen hinaus und leisten wir unseren Beitrag für eine friedliche Gesellschaft. Das sind wir nicht nur der Gesellschaft, sondern vor allem den Opfern solch tragischer Gewalttaten schuldig!

 

20 06, 2012

Wir wollen die ganze Salami*

2013-10-17T22:35:59+02:0020. Juni 2012|

Spätestens seit der Ständerat einer Motion knapp zugestimmt hat, die das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare fordert, ist das Thema in aller Munde. Der Nationalrat wird die Motion wahrscheinlich im Sommer behandeln.

Ehe zweiter Klasse

Leider müssen wir erneut zuschauen, wie unsere Rechte zum Spiel von Kompromissen werden. Bereits beim Partnerschaftsgesetz sind wir Kompromisse eingegangen. Während die LGBTs in den USA pausenlos für eine Anerkennung der vollwertigen Ehe kämpfen und die US-Versionen des Partnerschaftsgesetzes (Civil Union) als Ehe zweiter Klasse ablehnen, war die Community in der Schweiz euphorisch, endlich einmal so etwas Ähnliches wie eine Ehe erreicht zu haben. Auch damals lautete das Motto „besser als gar nichts“, was zu diesem Zeitpunkt wohl richtig war. Richtig darum, weil es um existentielle Rechte ging. Rechte, wie den Partner im Spital besuchen zu dürfen oder erbberechtigt zu sein, wenn der Lebenspartner stirbt. Kann es aber richtig sein, eine Ehe zweiter Klasse zu haben? Ist es richtig, auf Steuerformularen zwischen „verwitwet“ und „durch Tod aufgelöste Partnerschaft“ unterscheiden zu müssen? Ich persönlich habe es satt, zu einem Menschen zweiter Klasse degradiert zu werden. Man kann es als symbolische Finessen abtun, aber solche Unterscheidungen sind wesentlich mehr als leere Begriffe! Ein Schwuler, dessen Partner stirbt, ist ein Witwer und kein „durch Tod aufgelöste Partnerschaft“ Alleinstehender! Die CVP setzt noch einen drauf und sammelt Unterschriften gegen die steuerliche Doppelbelastung von verheirateten Paaren. Wer die Initiative genau liest, stellt aber fest, dass die CVP den Satz, dass eine Ehe zwischen Mann und Frau besteht, in die Verfassung schreiben will. Auch da blieb der Aufschrei in der Community aus. Wir haben ja schliesslich das Partnerschaftsgesetz, nicht wahr?!

Fauler Kompromiss?

Dieselbe Gefahr droht nun den Adoptionsrechten für homosexuelle Paare. Im Nationalrat ist eine Motion hängig, die nur die Stiefkindadoption für homosexuelle Paare fordert. Die Motion ist vor ein paar Jahren von Mario Fehr eingereicht und nach seinem Rücktritt von Chantal Galladé (die bereits beim Partnerschaftsgesetz für volle Adoptionsrechte gestimmt hat) übernommen worden. Zweifellos war die Motion damals gut gemeint in einer Zeit, als noch nicht damit zu rechnen war, dass volle Adoptionsrechte mehrheitsfähig wären. Vor ein paar Monaten hat aber eine bessere Motion eine Mehrheit im Ständerat gefunden. Eine von Ständerat Claude Janiak ausgearbeitete Motion, die das Kindswohl ins Zentrum und die Stiefkindadoption in den Vordergrund stellt, aber dennoch vollständige Adoptionsrechte verlangt. Janiak ist zweifellos ein exzellenter Ständerat. Die Community hat ihm viel zu verdanken. Bei allem Verständnis für politischen Realismus ist es dennoch schade, dass Janiak in der April-Ausgabe der Mannschaft von Beginn weg dem Nationalrat empfiehlt, die Motion so abzuändern, dass nur die Stiefkindadoption darin vorkommt. Er begründet dies damit, dass eine spätere Gesetzesvorlage sonst keine Mehrheit im Parlament findet. Dies mag vielleicht stimmen, aber Gesetzesvorlagen des Bundesrates können im Parlament noch immer abgeändert werden. Es ist also nicht nötig, den Bürgerlichen schon zum Vornherein die Chance zu geben, ein wenig für und ein wenig gegen uns zu stimmen! Statt klare Bekenntnisse der Bürgerlichen zu verlangen, bieten wir ihnen die Möglichkeit, für Adoptionsrechte „light“ zu stimmen. Die Bürgerlichen haben so die Möglichkeit, sich als LGBT-freundlich zu geben, im Wissen darum, dass wir durchaus eine interessante Wählergruppe darstellen. Nationalrätinnen wie Doris Fiala, die gegen Adoptionsrechte für homosexuelle Paare sind, können somit einem Kompromiss zustimmen und dies später als Beweis ihrer LGBT-Sympathie vorweisen. Und wir würden uns damit zufrieden geben. Aber ernsthaft, hätten sich die Frauen zufrieden gegeben, wenn man das Stimmrecht nur verheirateten Frauen gewährt hätte?

Steilpass für die Bürgerlichen

Selbstverständlich steht bei der Adoptionsfrage das Kindswohl im Vordergrund. Es gibt kein Recht auf Kinder. Ebensowenig darf es aber sein, fähigen Menschen, die sämtliche Kriterien erfüllen, nur aufgrund ihres Zivilstandes Kinder zu verbieten. Wenn wir in den nächsten Jahren die Stiefkindadoption einführen, dürften wir wohl jahrelang auf vollständige Adoptionsrechte warten. Schliesslich würde es immer heissen, wir hätten ja die Stiefkindadoption und sollen uns damit zufrieden geben. Mir graut vor einem Abstimmungskampf, in welchem die Gegner warnen, die Stiefkindadoption sei nur eine Salamitaktik, um das volle Adoptionsrecht zu fordern. Was dann? Streiten wir das ab oder bestätigen wir es? Warum nicht gleich um vollständige Adoptionsrechte kämpfen? Wir haben den Bürgerlichen diese Option nun aber bereits angeboten. Und da es bei dieser Frage um die Situation von Kindern geht, die heute bereits bei homosexuellen Elternpaaren in einer rechtlich unsicheren Lage leben, ist die Stiefkindadoption, einmal mehr, besser als nichts.

Schluss mit Salamitaktik

Ein Umdenken muss dennoch stattfinden. Politik ist ein Spiel von Kompromissen, Verhandlungen und gegenseitigen Zugeständnissen. Wir müssen uns aber erheben und klar und deutlich zeigen, dass unsere Rechte und die unserer Kinder nicht verhandelbar sind! Zu lange sind wir Kompromisse eingegangen, nur weil uns eine Mehrheit der Politik zu Menschen zweiter Klasse degradiert hat.  Diese Zeiten sind definitiv vorbei! Unsere Botschaft muss klipp und klar sein.  Es wird Zeit, dass jede Politikerin und jeder Politiker in diesem Land Farbe bekennt. Keine Kompromisse, keine Salamitaktik, kein Süssholzraspeln. Entweder man gewährt uns jene Rechte, die uns schon immer hätten gewährt werden sollen, oder nicht! Wir wollen keine Salamitaktiken mehr, wir wollen den ganzen Salami!

*Artikel als Politkommentar im Mannschaft-Magazin (Ausgabe Juni 2012) erschienen.

23 02, 2012

Auf halbem Weg stehen geblieben

2019-02-18T10:04:44+01:0023. Februar 2012|

In seiner Antwort auf die Motion der ständerätlichen Rechtskommission, die Adoptionsrechte für homosexuelle Paare fordert, hat der Bundesrat erstmals einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht – ist aber auf halbem Weg stehen geblieben.

Der Bundesrat befürwortet in seiner Antwort auf die Motion, homosexuellen Paaren die Stiefkindadoption zu erlauben. Wer also eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft mit einem Vater oder Mutter eingeht, soll die Möglichkeit haben, das Kind zu adoptieren. Das ist richtig und wichtig!

Trotzdem ist der Bundesrat dagegen, homosexuelle Paare zum Adoptionsprozess zuzulassen. Er begründet dies einzig und allein mit der „gesellschaftlichen Akzeptanz“ die noch nicht vorhanden sei und dass das Partnerschaftsgesetz vom Volk deswegen angenommen worden sei, weil es ein Adoptionsverbot vorsieht. Aus diesen Gründen, erachtet es der Bundesrat „zum jetzigen Zeitpunkt als nicht opportun“ das Adoptionsverbot für homosexuelle Paare aufzuheben.

Bitte was? Mehr ist dem Bundesrat nicht eingefallen? Immerhin gibt er zu, dass es keine rationale Gründe gibt, homosexuellen Paaren die Adoption von Kindern zu verbieten! Wie auch? Sämtliche Studien bestätigen, dass Kinder von homosexuellen Paaren genauso gut aufwachsen, wie Kinder heterosexueller Paare. In einer TV-Diskussion zu diesem Thema hat sogar der Kinderpsychologe und Präsident der schweizerischen Fachstelle für Adoption Heinrich Nufer sich dahingehend geäussert, dass es keinen Grund gibt, das Adoptionsverbot aufrecht zu halten.
Selbst die Gegner von Adoptionsrechten, wie CVP-Nationalrätin Brigitte Häberli anerkannten in dieser Diskussion, dass homosexuelle Paare gute Eltern sein können (die anwesende lesbische Mutter Martina Scheibling anerkannte Frau Häberli zwar als sehr gute Mutter und als Vorbild für viele heterosexuelle Eltern) und konnte ihre Ablehnung nur damit erklären, dass es eben nicht in ihr Idealbild passe. So à la „Sie sind eine hervorragende Mutter und ein Vorbild, aber Kinder sollten Sie eigentlich trotzdem nicht haben, Sie super Mutter, Sie!“ Damit reiht sich Frau Häberli in die Liste jener Parlamentarier (wie Christophe Darbellay oder Christian Wasserfallen) ein, die keine rationalen Argumente haben, ihr konservatives Idealbild aber trotzdem sämtlichen Menschen in unserem Land aufzwingen wollen.

Von einem Bundesrat darf mehr erwartet werden! Es ist daher erstaunlich, dass der Bundesrat teilweise trotzdem an seiner veralteten Ansicht festhält, obwohl er genau weiss, dass es keinen Grund dafür gibt.

Etwas heuchlerisch wird es allerdings, wenn der Bundesrat behauptet, Adoptionsrechte für homosexuelle Paare seien gesellschaftlich nicht akzeptiert und daher momentan nicht opportun. Als einziger Beweis dafür, nimmt er die Abstimmung über das Partnerschaftsgesetz vor sieben Jahren. Selbst wenn der Bundesrat mit seiner Vermutung, dass das Volk dem Gesetz vor sieben Jahren nur zugestimmt hat, weil es Adoptionsrechte verbietet, Recht haben sollte, haben sich die Zeiten geändert. Repräsentative Umfragen bestätigen dies: Zwei Drittel der Befragten sprechen sich für die Stiefkindadoption aus, 53% sogar für vollständige Adoptionsrechte! So viel zur gesellschaftlichen Akzeptanz lieber Bundesrat! Umso stossender wird das Argument, wenn man bedenkt, die Handlungen des Bundesrates in anderen Bereichen aus Opportunitäts-Perspektive betrachtet: Vor knapp einem Jahr hat die Schweiz mit knapp 73% die Senkung des Umwandlungssatzes der Pensionskassen deutlich abgelehnt. Nicht einmal ein Jahr später hat der Bundesrat angekündigt, den Umwandlungssatz der Pensionskassen dennoch senken zu wollen. Wo bleibt da die Opportunität, lieber Bundesrat?
Der Gipfel der Heuchelei ist aber die Tatsache, dass der Bundesrat die Adoptionsrechte „zum jetzigen Zeitpunkt“ für nicht opportun hält. Gibt der Bundesrat damit also zu, dass das Adoptionsverbot durchaus aufgehoben werden muss, einfach noch nicht zum jetzigen Zeitpunkt? Grundsätzlich findet es der Bundesrat also nicht in Ordnung, dass Kindern ein gutes zu Hause verwehrt bleiben und homosexuelle Paare weiterhin diskriminiert werden sollen, nur zum jetzigen Zeitpunkt ist es halt schon okay?

Von unserer Regierung erwarte ich, dass sie sich für das Wohlergehen unseres Landes einsetzt! Kindern Elternliebe und ein geborgenes zu Hause zu verweigern, nur weil die Regierung das nicht grundsätzlich, aber zur Zeit noch opportun findet, ist alles andere als das Wohlergehen des Volkes im Auge haben!

Es ist zu hoffen, dass das Parlament vernünftiger ist und statt einem halben, einen ganzen Schritt in die richtige Richtung geht! Dem Kindswohl zuliebe!

18 02, 2012

Ein offener Brief an die Cablecom

2013-10-10T15:25:34+02:0018. Februar 2012|

Liebe Cablecom

Seit 2010 wartet der Jugend-Tv-Sender Joiz darauf, von euch ins analoge Fernsehnetz aufgenommen zu werden.

Das Bundesamt für Kommunikation hat euch im November 2010 beauftragt, den Sender in euer analoges Fernsehnetz aufzunehmen. Dagegen sträubt ihr euch standhaft und kämpft auf dem juristischen Weg dagegen an. Obwohl ihr bei den ersten beiden Instanzen krachende Niederlagen erlitten habt, seid ihr bis vor Bundesgericht gezogen, wo der Fall noch hängig ist und weswegen Joiz noch immer nicht übers anaolge Fernsehnetz gesendet wird.

Trotz euren zahlreichen Begründungen warum ihr euch so standhaft sträubt, kann ich es noch immer nicht nachvollziehen. Ihr behauptet, dass aufgrund der begrenzten Kapazität bei Aufnahme von Joiz ein bestehender TV Sender aus dem Programm gekippt werden müsste, wie beispielsweise der Bayrische Rundfunk oder der Südwestrundfunk. Jesses! Der Bayrische Rundfunk müsste in der Schweiz aus dem analogen Netz gekippt werden! Das wäre nun wirklich eine Tragödie von riesigem Ausmass! Die analogen TV-Zuschauer der Schweiz müssten ab sofort auf Sendungen wie „Dahoam ist Dahoam“, „Sterneköche in Bayern“ oder gar „Glockenläuten aus Tüentenhausen bei Freising“ verzichten. Und das alles wegen einem Jugendsender, von denen ja bereits massenhaft existieren, nicht wahr?

Rumgeblödel ohne Mehrwert?
Laut diversen Medienberichten wollt ihr Joiz aber auch nicht aufschalten, weil ihr das Programm als ein „Rumgeblödel“ bezeichnet, aus dem „weder ein kultureller noch gesellschaftlicher Mehrwert geschaffen werden“ könne und ihr euch ab Begriffen wie „Heisser Scheiss“ empört. Soso, interessant. Selbstverständlich würde ich es nie anzweifeln, den kulturellen Mehrwert für unser Land von Sendungen wie „Dahoam ist Dahoam“ oder „Glockenläuten aus Tüntenhausen bis Freising“ anzweifeln.  Zugegeben, ich habe diese Sendungen noch nie gesehen und musste das Programm des Bayrischen Rundfunkes googlen. Deswegen schalte man einmal an einem beliebigen Tag den Fernseher an und schaue sich das Programm an, das da auf unbestrittenen und erfolgreichen Sendern läuft. In diversen Sendungen, die als „real“ verkauft werden, können wir hochqualifizierte Schauspieler dabei beobachten, wie sie sich mit äusserst realen Alltagsproblemen rumschlagen. Da gesteht eine korpulente Dame mittleren Alters, dass sie oftmals solchen Hunger hat, dass sie auch schon mal Klopapier isst (so viel zum Thema Heisser Scheiss). Eine vierzehnfache Mutter sagt, sie sei zu blöd die Pille zu nehmen und zu faul, Kondome zu kaufen und ihr arbeitsloser Mann nervt sich, dass er nicht so lange ausschlafen kann, wie er denn gerne möchte. Ein Mann will seine Liebste um Verzeihung bitten und bereitet ihr Leibgericht (Spaghetti an einer Dosen-Sauce) vor – indem er ein Planschbecken mit Spaghetti füllt, sich rein legt und sie zu sich zum Bade-Ess-Spass einladet. Also zappen wir zum nächsten Sender, wo eine Moderatorin zwei Talk-Gäste vor johlendem Publikum mit Resultaten von Lügendetektor- oder Vaterschaftstests konfrontiert. Zappen wir weiter, wo zwei Frauen ihre Familien für eine Zeit tauschen und sich dabei filmen lassen, wobei der Familienvater einer dieser Frauen erklärt, dass er für die Reinigung seines Hinterns nach dem Toilettengang nur ein einziges Blatt Toilettenpapier benötigt, da er seinen Hintern mit dem Finger reinigt und das einzelne Blatt Toilettenpapier nur dazu braucht, um „die Scheisse von meinem Finger und meinem Fingernagel zu reinigen“ (das Thema „Heisser Scheiss“ lässt uns offenbar nicht los). Wenn wir genug von diesem gesellschaftlich unverzichtbaren Mehrwert haben, wollen wir uns also von kulturellen Programm berieseln lassen und zappen zu Musiksendern. Leider wird auf diesen  Musiksendern kaum mehr Musik gespielt sondern prügelnde und kreischende Teenie Mütter bei ihren Alltagsproblemen gezeigt. Dazwischen ermuntern coole Werbespots die jugendlichen Zuschauer per SMS viel zu teure Spiele und Klingeltöne auf ihre Handys runterzuladen, was dann dazu führt, dass man zwei Sender weiter eine ganze Sendung über verschuldete Jugendliche ansehen kann, die doch nur den Klingelton ihres Lieblingssängers runterladen wollten. Wohlbemerkt: Wir reden hier vom Nachmittags- und Abendprogramm. Nicht erwähnt ist das Nachtprogramm, also all die Abzock-Shows, wo man sich telefonisch zuschalten kann und irgendwelche als Hellseher getarnte Clowns für 5 Franken pro Minute telefonische Lebensweisheiten wie „ich sehe, dass etwas auf dich zukommt“ oder „in unserem heutigen Abendritual denken wir fest an dich“ den Zuschauern auf ihren wahrscheinlich bald verschuldeten Lebensweg mitgeben. Oder die Quizshows, in denen man telefonisch „ganz einfach“ mitmachen kann, die aber oftmals ungmöglich zu lösen sind.  Ganz zu schweigen von den „heissen Girls“, die ab Mitternacht  „auf deinen Anruf warten“.

Also vergleichen wir das Programm einmal mit Joiz. Reality Shows? Telefon- oder Internetsexwerbungen? Klingelton- bzw. Schuldenfallewerbungen? Hellsehershows? Quizshows die man gar nicht gewinnen kann, dafür aber umso mehr zahlt? Ah Moment, da haben wir doch was! Auch bei Joiz können sich die Zuschauer dazu schalten – dies aber völlig gratis und über das Internet, um direkt ihre Meinung in Sendungen einzubringen. Interaktion nennt man das, liebe Cablecom. Dahinter steht ein „crossmediales“ Konzept, also Fernsehen mit Internet und sozialen Medien zu verbinden. Etwas, was es so noch auf keinem Sender in der Schweiz gibt.
Im Gegenteil, ich sehe auf Joiz von jungen Menschen auf junge Menschen zugeschnittene Sendungen, die aber einiges an höherem Niveau zu bieten hat, als die erwähnten Sendungen der unverzichtbaren Sendern. Es werden die neusten Musikvideos gesendet, auf die Interessen Jugendlicher zugeschnittene News ausgestrahlt und in diversen Formaten über Dinge diskutiert, die Jugendliche beschäftigen, sei dies über das Thema Sexualität, Internetsucht, Mobbing, Gewalt im Sport, etc. Und es existieren sogar Kochsendungen. Auch die sind auf Junge zugeschnitten, indem man Rezepte präsentiert, die ihnen schmecken und auch gesund sind.
Mit dem Format „Politbattle“ (das zusammen mit der politisch breit bekannten Internetplattform politnetz.ch ins Leben gerufen wurde) werden Jugendliche sogar über politische Themen aufgeklärt, über Abstimmungsvorlagen informiert und zu Partizipation aufgerufen. Die Zuschauer können auch in dieser Sendung ihre Fragen per Internet live stellen und erhalten somit Antwort auf politische Fragen, die sie als brennend empfinden (was ich als junger Politiker äusserst wichtig finde). Von der Qualität, verbunden mit enormen Zeitaufwand und Herzblut, welches das junge Joiz-Team in diese Programme setzt, konnte ich mich bereits mehrmals persönlich vor Ort überzeugen! Nicht zuletzt aus diesen Gründen wurde Joiz am diesjährigen Swiss ICT Award mit dem Publikums- und Newcomerpreis ausgezeichnet.

Und ihr habt tatsächlich die Nerven, Joiz als „Rumgeblödel ohne kulturellen oder gesellschaftlichen Mehrwert“ zu bezeichnen?! Umso lächerlicher wird dieses Argument, wenn man bedenkt, dass ihr Joiz in eurem digitalen Netz anbietet. Wenn Zuschauer also für euer Programm zahlen, dann wollt ihr ihnen dieses „Rumgeblödel“ nicht vorenthalten?!
So als Randbemerkung: Sogar die NZZ hat kürzlich einen ganzsseitigen Bericht über Joiz abgedruckt – mit der Überschrift „Heisseste Scheisse“ (konsequenterweise müsstet ihr die NZZ also auch als Rumgeblödel ohne kulturellen oder gesellschaftlichen Mehrwert bezeichnen).

Markt Vs. Staat?

Vielleicht habt ihr auch die Lächerlichkeit dieses Arguments erkannt, weswegen ihr jetzt noch versucht, die Marktfundamentalisten zu eurer Unterstützung zu rufen und dies als Kampf eines Unternehmens gegen den bevormundenden Staat empor stillisiert. Auch das ist verfehlt, liebe Cablecom. Artikel 60 Absatz 1 Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) erlaubt es der Bakom die Aufnahme eines Senders zu verpflichten, wenn dieser besondere verfassungsrechtliche Aufträge erfüllt. Der verfassungsrechtliche Auftrag besteht darin, einen Beitrag zur kulturellen Entfaltung, freier Meinungsbildung und Unterhaltung zu leisten. Da gemäss Aussagen des Bundesrates die durchschnittlichen Zuschauer des Schweizer Fernsehens zwischen 45 und 60 Jahre alt sind, der Leistungsauftrag aber für Menschen jeden Alters gilt, hat das Bakom entschieden, euch zu verpflichten Joiz aufzuschalten. Als das RTVG (mit diesem Art. 60 Abs. 1) vom Parlament fertig beraten wurde, habt ihr nicht dagegen gekämpft. Die Möglichkeit des Staates, euch irgendwann einmal zu verpflichten einen Sender aufzunehmen, hat euch also damals nicht gross gestört. Jetzt, wo der Gegner aber plötzlich ein Jugendsender und kein Schweizer Parlament ist, merkt ihr, dass ihr mir diesem Artikel doch nicht ganz einverstanden seid? Ihr seid in dieser Geschichte als nicht David, der gegen Goliath antritt. Es ist eher umgekehrt, ihr seid der Goliath, der gegen den Jugendsender David antritt und ihn mit zermürbenden und langwierigen juristischen Mitteln bekämpft.

Apropos freier Markt, die Tatsache, dass ihr Joiz nur gegen Bezahlung anbietet (also über euer digitales, kostenpflichtiges Netz), dafür aber den Bayrischen Rundfunk behalten wollt, riecht verdächtigt nach finanziellen Motiven. Könntet ihr vielleicht darauf spekulieren, dass die Zuschauer in der Schweiz eher für Joiz als für den Bayrischen Rundfunk bezahlen würden? Ein Schelm, wer Böses denkt!

Lasst den Scheiss!
Man kann es drehen und wenden, wie man möchte: eure Argumentation gegen Joiz verfängt nicht. Sei es aus Abneigung gegen das Programm, aus Ablehnung gegen den bevormundenden Staat, aus finanziellen Interessen oder gar aus inniger Liebe zum Bayrischen Rundfunk: Es gibt keinen Grund Joiz nicht über euer analoges Netz anzubieten. Es ist mir bewusst, dass ein Rückzug eurer Beschwerde beim Bundesgericht in diesem Verfahrensstadium nicht mehr realistisch ist. Trotzdem appelliere ich an euch: egal wie das Urteil ausfällt, schaltet Joiz auf! Hört auf Joiz und die Jugend unseres Landes zu bekämpfen! Oder um es in der Sprache der Jugend auszudrücken: Lasst den Scheiss!

Beste Grüsse

Alan David Sangines

12 12, 2011

Und es sind Menschen auf der Flucht

2013-10-10T15:19:51+02:0012. Dezember 2011|

Es ist ein unwürdiges Trauerspiel. Ein höchst unwürdiges Trauerspiel. Weltweit haben die Medien über die Menschen in Nordafrika geschrieben, die sich gegen ihre grausamen Diktatoren erhoben haben. Auch in der Schweiz. Dass solche Ereignisse Flüchtlingsströme auslösen, liegt in der Natur der Sache. Umso tragischer ist es, was wir in der Schweiz zur Zeit an Widerstand und Ablehnung gegen Asylbewerber erleben müssen.

Bettwil, eine kleine Gemeinde im Kanton Aargau, von der wohl noch kaum jemand in der Schweiz etwas gehört hat, ist zu einem Symbol geworden. Für einige ist sie das Symbol des Widerstandes. Passender erscheint mir aber das Symbol grenzenloser Ignoranz. Aufgrund der zugenommenen Asylgesuche in der Schweiz braucht der Bund dringend Plätze, um die Asylbewerber unterzubringen. Diese Unterkünfte sind aber rar, was nicht zu Letzt auf die Sparmassnahmen und falschen Prognosen des ehemaligen Justizministers Christoph Blocher zurückzuführen ist. Blocher ist nämlich davon ausgegangen, dass die Schweiz jährlich maximal 10’000 Flüchtlingsgesuche zu behandeln hat. Entsprechend wurde bei den Kantonen Kapazitäten gestrichen und Geld für Reservekapazitäten gestrichen.  Alleine dieses Jahr haben wir über 15’000 Asylgesuche, genauso wie letztes Jahr. Dabei wird die Schweiz verglichen mit der Vergangenheit gar nicht von Flüchtlingen überschwemmt. Während es in diesem Jahr bisher über 15’000 Asylsuchende waren, hatten wir während des Krieges im Balkan im Jahre 1995 über 47’000 Asylgesuche. 2002 waren es über 26’000 Asylgesuche. Wenn wir also in die letzten Jahre schauen, werden wir keineswegs von Flüchtlingen überrannt, das einzige Problem ist, dass man entsprechende Plätze weggekürzt hat. Ups…

Um die Asylsuchenden -zumindest vorübergehend- trotzdem unterbringen zu können, muss der Bund diese verteilen. In der ganzen Schweiz sucht er fieberhaft nach Unterkünften. Unter anderem fand er die Militäranlage in Bettwil, in welcher er vorübergehend um die 140 Asylbewerber unterbringen wollte. Doch die Bettwiler laufen Sturm. Kantons- und Bundesvertreter wurden ausgebuht und medienwirksam protestieren die Bettwiler gegen die Unterbringung der Asylbewerber. Der Bund hat eingelenkt und spricht nun von 80-100 Aslysuchenden für eine maximale Dauer von 6 Monaten. Auch das kommt den Bettwilern nicht in die Tüte.

Die Bettwiler sehen sich als kleine Wilhelm Tells, die sich gegen die „Obrigkeit aus Bern“ wehren. Dabei geben die Bettwiler zu Protokoll sie seien nicht rassistisch und es ginge ihnen nicht um die Aslybewerber, sondern dass der Bund einfach entschieden hat, ohne zu fragen. Im nächsten Satz sagen dieselben Leute aber, dass die Aslybewerber ihre Gemeinde unsicher und ihre Frauen blöd anmachen würden. „Die Kinder können dann nicht mehr alleine zur Schule gehen.“ Aha… das Problem ist also nur, dass Bern die lieben Bettwiler vorher nicht gefragt hat, ob sie bereit wären, die Asylbewerber aufzunehmen. Wenn Bern also nett gefragt hätte, wären die Bettwiler sofort bereit gewesen, diese furchtbar kriminellen Asylbewerber aufzunehmen? Aber eben, rassistisch seien sie nicht! Newsflash an euch, liebe Bettwiler, Tunesier kollektiv zu verurteilen, sie als Kriminelle oder als Gefahr zu bezeichnen, ist Rassismus! Da ändert sich auch nichts dran, wenn ihr „mit Deutschen verheiratet“ seid oder „nichts gegen die Albanerfamilie im Dorf“ habt!

Doch die Bettwiler wollen ja Hand zu Lösungen bieten und haben einen äusserst grosszügigen Vorschlag: Sie wären bereit, ein paar Asylbewerber aufzunehmen, diese müssten aber interniert werden. Es sei schliesslich kein Menschenrecht, sich frei bewegen zu können,  meinte ein Bettwiler gegenüber dem Tages-Anzeiger.

In Birmensdorf, einer Gemeinde mit 5’900 Einwohnern, konnten 19 Flüchtlinge untergebracht werden. Bedingung: Eine „Asylantengasse“ musste her. Ein kleiner Schleichweg, welcher sicher stellen sollte, dass die Asylbewerber in ihre Unterkünfte gelangen, ohne das Quartier zu durchqueren.

Sind wir in der Schweiz bereits so weit gekommen? Die Asylbewerber müssen durch separate Gassen gehen und am besten gleich interniert werden. Erinnerungen an dunkle Zeiten werden wach. Zeiten, in denen es Judengassen gab und Juden interniert wurden.

Man kann es nicht anders sagen: Es ist zum Kotzen! Diese Menschen werden mit einer Welle des Hasses empfangen, die einen sprachlos zurück lässt. Die Humanität der Schweiz habe schliesslich ihre Grenzen, sagen die besorgten Bürger. Stimmt, diese Grenze scheint ziemlich schnell erreicht zu sein. Im Gegensatz zur Inhumanität dieser Bürger, diese scheint keine Grenzen zu kennen. Auch wenn diese ehrenwerten Eidgenossen sich als Winkelriede sehen, sie sind es nicht. Im Gegenteil, sie sind keine Helden, sie sind die Hetzer.

Offenheit gegenüber Erfahrungen anderer Gemeinden scheinen ihnen ebenso fremd wie Menschlichkeit. Dabei braucht man weder ein Gutmensch noch ein Professor zu sein, um zu erkennen, dass die meisten Gemeinden keine Probleme mit Asylbewerbern hatten. Natürlich gibt es auch unter Asylsuchenden Kriminelle. Das ist aber keine Mehrheit! So regt sich in einem Walliser Dorf mit 189 Einwohnern keinen Widerstand gegen die Unterbringung von 60 Asylbwerbern, weil man in der Vergangenheit keine schlechten Erfahrungen gemacht hat. Dasselbe gilt für die Gemeinde Utendorf in Bern, in welcher 100 Asylbewerber untergebracht werden sollen. Dies deckt sich übrigens auch mit Erfahrungen die ich machen durfte, als ich eine Zeit lang in einer Unterkunft für Asylbewerber gearbeitet habe, die Mehrheit der Asylsuchenden war anständig und keiner dieser Menschen hat jemals einem Kind aus der nahe gelegenen Schule auch  nur ein Haar gekrümmt. Aber eben, die besorgten Winkelrieds wissen es natürlich besser. Zu unbequem wäre es, das festgefahrene Weltbild zu hinterfragen, zu anstrengend, den Horizont ein klein wenig zu erweitern. Was nicht sein darf, kann schliesslich nicht sein!

In diesem ganzen Theater geht aber eines vergessen: Es geht um Menschen. Es sind Menschen auf der Flucht. Selbstverständlich gibt es darunter solche, die kein Anrecht auf Asyl bei uns haben und in ihre Heimat zurück müssen. Es sind aber auch viele Menschen drunter, die sich wirklich gegen Obrigkeiten gewehrt haben. Menschen, die Gefahr laufen, zu Tode gefoltert zu werden, wenn sie sich gegen „Obrigkeiten“ wehren. Es sind Menschen darunter die schreckliches durch machen mussten, die sich wohl gewünscht hätten, ihre grössten Sorgen wären die jener Bettwilerin, die Tränen in den Augen hat, weil sie die Kinder nicht mehr alleine spielen lassen kann, wenn Asylbewerber in ihr Dorf kommen. Niemand sagt, dass man alle Menschen, die hier um Asyl suchen, aufnehmen muss. Aber zumindest ein kleines Bisschen verdammten Anstand diesen Menschen gegenüber sollte von uns ehrenwerten Eidgenossen gefälligst nicht zu viel verlangt sein!

Denn in einer Gesellschaft, in der ganze Dörfer und Gemeinden Menschen vorverurteilen und gegen diese Hetzen, stimmt etwas nicht. Eine solche Gesellschaft ist unendlich weit von unserer eigenen Bundesverfassung entfernt, die besagt, dass sich die Stärke das Volkes am Wohle der Schwachen misst. Das hat mit der historischen humanitären Schweiz nichts mehr zu tun, genau so wenig wie mit einer zivilisierten Gesellschaft.

„Was, wenn an unserer Bushaltestelle plötzlich 20 Tunesier stehen?“ fragt ein Bettwiler. Wenn ich die Ereignisse der letzten Wochen ansehe, würden mir wohl 20 Bettwiler an einer Bushaltestelle grössere Sorgen bereiten!

7 12, 2011

Menschenrechte gelten auch am ESC!

2013-10-10T15:19:20+02:007. Dezember 2011|

Bald ist es soweit, am 10. Dezember 2011 findet die Endausscheidung des Eurovision Contest in der Schweiz statt. 14 Finalisten treten gegen einander an, um von uns an den Eurovision Song Contest 2012 in Baku (Aserbaidschan) geschickt zu werden.

Während sich Europa auf das jährliche Musikspektakel freut, bereitet sich auch Aserbaidschan vor. Während andere Länder damit beschäftigt wären, logistisch einen guten Ablauf vorzubereiten, reicht dies der Regierung in Aserbaidschan nicht. Diese bereitet sich nämlich auch politisch vor und sorgt dafür, dass sämtliche Kritik an der Regierung im Keime erstickt werden. Schliesslich will Aserbaidschan gut dastehen, da hat es keinen Platz für Leute, die auf die nicht vorhandenen Menschenrechte in ihrem Land hinweisen möchten. So geschehen auch mit Jabbar Savalan. Der 20-jährige hatte auf Facebook gegen Proteste an der Regierung aufgerufen. Er wurde dafür verhaftet und im Gefängnis so lange geschlagen, bis er ein Geständnis auf Drogenbesitz unterschrieb. Dafür wurde er für über zwei Jahre Gefängnis verurteilt.

Der 10. Dezember ist nicht nur der Tag der Schweizer Endausscheidung für den Eurovision, er ist auch der Tag der Menschenrechte. Amnesty International hat die Gelegenheit genutzt und den ESC Finalistinnen und Finalisten auf die schreckliche Menschenrechtssituation in Aserbaidschan aufmerksam gemacht und sie gebeten ein Zeichen für Menschenrechte zu setzen, indem sie einen „Free Me“ Pin am 10. Dezember tragen.

Eine hervorragende Gelegenheit, sollte man meinen, um für Menschenrechte weltweit einzustehen. Nur leider sieht dies das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) anders. Das SRF hat seine Finalistinnen und Finalisten daran erinnert, dass bei dieser kulturellen Veranstaltung keine politische Werbung oder Songtexte erlaubt sind und sich die Finalisten zuerst ein eigenes Bild machen sollen, bevor sie über Aserbaidschan urteilen. Bitte was?

Mal ganz abgesehen davon, dass einer der Finalisten einen Song mit dem Titel „Peace & Freedom“ hat, gibt es einen Unterschied zwischen politischer Werbung und Menschenrechten. Menschenrechte, und das ist ja der Witz der Sache, liebes SRF, sind universell und unteilbar und gelten für JEDEN MENSCHEN.  Das hat nichts, aber auch gar nichts mit politischer Werbung zu tun. Die Sache ist aber die, dass Aserbaidschan die Menschenrechte mit Füssen tritt. Jugendliche werden in Gefängnissen die Rippen gebrochen, damit sie angebliche Taten gestehen. Homosexuelle, immerhin eine wichtige Zielgruppe des ECS, haben in Aserbaidschan ebenfalls mit Gewalt seitens der Polizei zu rechnen. Im Vorfeld des Eurovision, dieses ach-so-schönen kulturellen Anlasses wird erst recht keine Kritik geduldet, wie wir am Beispiel von Jabbar Salvan sehen können.

Aserbaidschan soll diesen kulturellen Anlass nicht nutzen können, um erst recht noch mehr Menschen zu foltern und in Gefängnisse zu werfen. Darauf soll aufmerksam gemacht werden und nicht auf politische Statements. Niemand verlangt von Guillermo Sorya, dass er mit seinem Song „Baby Baby Baby“ ein Statement zu Abtreibungen abgibt und niemand verlangt von Sosofluo, dass sie sich mit ihrem Song „quand je ferme les yeux“ zur Sterbehilfe äussert. Es geht um universelle, unteilbare, für alle geltende Menschenrechte!

Trotzdem kann ich mir die Frage nicht ganz verkneifen, wieso das SRF auf seiner offiziellen ESC Website den Song „Peace & Freedom“ des Finalisten IVO als Einstehen für „Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit – eine Message, die sich nicht an geografischen Grenzen orientiert und die Menschen aufrütteln soll“ anpreist (Zitat SRF). Ein Kandidat darf über Peace & Freedom singen und die Menschen aufrütteln, aber die anderen Kandidaten und Kandidatinnen dürfen keinen „Free Me“ Pin tragen? Ist das nicht ein wenig inkonsequent?

Wie dem auch sei, Amnesty hat durchaus Recht, wenn es SRF Zynismus vorwirft. Es ist nämlich zynisch, wenn das SRF den ESC Kandidierenden empfiehlt, sich nach der Teilnahme in Aserbaidschan ein Bild zu machen. Wovon sollen sich die Finalistinnen und Finalisten denn ein Bild machen, wenn alles Kritiker weggesperrt werden und die Menschen in Angst leben müssen, gefoltert zu werden, wenn sie den Mund aufmachen? Vom netten Flughafenempfang? Vom Hotel, in das sie einquartiert werden? Von der bunten Bühne? Gerade als Schweizer Fernsehen, das gute Journalistinnen und Journalisten in der ganzen Welt hat, dürfte man mehr Sensibilität erwarten. Wären nämlich die Journalistinnen und Journalisten, die beim SRF arbeiten in Aserbaidschan geboren und würden dort ebenso ihrem Beruf nachgehen wollen, wie in der Schweiz, würden sie misshandelt und in Gefängnisse geworfen werden. Und das weiss das SRF auch ganz genau! Falls es aber mehr Informationen diesbezüglich benötigt, findet es hier einen ausführlichen Bericht zur Menschenrechtslage in Aserbaidschan.

Vor kurzem hat Viktor Giaccobbo, der eine Satire-Sendung auf SF hat, mit Amnesty International erfolgreich eine Kampagne gegen die Inhaftierung eines Künstlers in China gemacht. Die Kampagne war ein grosser Erfolg und nicht zuletzt deswegen wurde der Künstler wieder freigelassen.

Es wäre zu wünschen, dass das SRF auch in diesem Fall auf die Seite der Menschenrechte steht. Täglich hat das SRF über die Revolutionen in der arabischen Welt berichtet, als Leute für ihre Freiheit auf die Strasse gingen, dafür starben und Erfolg hatten. Als Land mit einer humanitären Tradition ist es unsere Pflicht, uns weltweit für Menschenrechte einzusetzen, wenn wir dies können. Das SRF nennt den Eurovision eine kulturelle Veranstaltung. Die humanitäre Tradition der Schweiz ist Teil unserer Kultur. Insofern würden sich die Kandidierenden nur an die Regeln halten, wenn sie am 10. Dezember dem Aufruf von Amnesty folgen würden.

Ich rufe alle Kandidatinnen und Kandidaten dazu auf, dies zu tun. Ich rufe das SRF auf, sich auf die humanitäre Tradition der Schweiz zu besinnen und Menschenrechte nicht über Kommerz zu stellen. Das wäre keine politische Werbung, sondern ein Bekenntnis zu den unteilbaren Menschenrechte, die für alle gelten!!

Die Petition für die Freilasssung von Jabbar Savalan (und weitere Petitionen) kann hier unterschrieben werden.

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